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Archiv-Artikel

Verstummter Protestreporter

Persiankiwi, bist du in Ordnung?“, diese bange Frage stellt im Moment nicht nur der Twitter-User „justicetoday“, auch viele andere der mehr als 38.000 Leute, die die Meldungen von persienkiwi im Internet verfolgten, fragen sich das. Die Sorgen sind verständlich: In 10 Tagen schrieb er imposante 823 Kurznachrichten – doch seit Mittwoch ist er stumm.

Persiankiwi startete seine Tweets zwei Tage nach der Wahl im Iran. Oft sind es rein informative Beiträge, wo und wann protestiert wird oder wer verhaftet wurde. Und das doch so seriös, dass persiankiwi von vielen Journalisten und Bloggern als glaubwürdige Quelle angesehen wird.

Es ist nicht sicher, ob ein Mann, eine Frau oder mehrere Personen hinter dem Pseudonym stecken. Einige privatere Tweets legen nahe, dass es nur ein Mann ist. Einmal schieb er: „Erschöpft. Aber wie soll man schlafen, während gerade Geschichte geschrieben wird.“ Und dann der Mittwoch, halb vier: „Komme gerade vom Baharestan Platz – sie schlagen Leute wie Tiere“. Der Ton wird besorgter: „So viele verhaftet … wir verlieren unsere Gruppe“. Alle Läden seien zu, „man kann nirgendwohin“.

Schließlich, um 17.16 Uhr, sendet er jene schreckliche Nachricht, die andere Oppositionelle bislang nicht bestätigen konnten. „In Baharestan sahen wir Milizen, die mit der Axt Leute wie Fleisch zerhackten – überall Blut.“ Von nun an wirken seine Meldungen teilweise panisch. „Sie haben einen von uns, sie werden foltern und Namen kriegen nun müssen wir schnell verschwinden.“ Kurz danach, um 17.39 Uhr, folgt eine letzte Lobpreisung Gottes. „Allah, du bist der Schöpfer von allen und alle müssen zurück zu Dir – Allah Akbar.“ Das war’s. Vielleicht ist er nur untergetaucht, hoffen viele Twitterer. Vielleicht hat er keinen Zugang mehr zum Internet. Vielleicht ist es aber viel schlimmer. MATTHIAS URBACH