Versteckte Kosten von Finanzprodukten: Großbritannien legt Gebühren lahm
Die Regierung in London geht gegen überhöhte Provisionen für Banken vor. Manche hoffen auf eine grundlegende Veränderung des Geschäfts.
DUBLIN taz | Britische Finanzberater dürfen ab Silvester keine Provision mehr für Geldanlageberatungen erheben, sondern nur noch eine festgelegte Gebühr. Damit will die Finanzaufsichtsbehörde FSA verhindern, dass die Beratungskosten in den Gesamtkosten für das Finanzprodukt versteckt werden und für den Kunden nur schwer ersichtlich sind. Experten schätzen, dass Privatanleger bis zu 200 Millionen Pfund im Jahr sparen können.
Die Finanzinstitute warnen dagegen, dass damit das Ende aller Beratungen eingeläutet werde, da sich nur besonders Wohlhabende Beratungskosten von 100 bis 250 Pfund pro Stunde leisten können. Es gibt jedoch jetzt schon zahlreiche Internetseiten, auf denen Beratungen für einen geringen Preis angeboten werden. Dieser Markt könnte nun rapide wachsen. Viele Banken werden kritisiert, weil ihre Finanzberater von den Kunden eine Provision von bis zu 3 Prozent verlangen, statt sie auf billigere Angebote hinzuweisen.
Nick Hungerford, Geschäftsführer der neuen Billigberatung Nutmeg, sagte der Tageszeitung Guardian, die Neuregelung werde die britischen Finanzdienste grundlegend verändern. „Lasst uns mit dem Mythos aufräumen, dass Finanzprodukte unglaublich kompliziert sind und man eine Menge dafür zahlen muss“, sagte er. „Das muss man nämlich nicht.“ Spart man sich die Beratungs- und Fondsmanagementgebühren, kann man bei einer Investition von 10.000 Pfund im Laufe von zehn Jahren mehr als 3.000 Pfund sparen.
Zudem müssen Banken ab März jährlich Kontoauszüge an Kunden mit sogenannten gebündelten Konten schicken. Gebündelte Konten sind Girokonten, mit denen die Kunden gegen eine Gebühr zusätzlich Versicherungen abschließen, Überziehungskredite beanspruchen oder sogar Downloads für Filme und Musik abonnieren. Manche Banken lassen sich diese Leistungen mit bis zu 25 Pfund im Monat bezahlen.
Druckmittel der Finanzaufsicht beschränkt
Nun müssen sie ihre Kunden darauf hinweisen, ob bestimmte Dienstleistungen überhaupt noch bestehen. Bisher durften sie munter weiterkassieren, auch wenn zum Beispiel die Reiseversicherung aus Altersgründen längst erloschen war. Immerhin ein Fünftel aller erwachsenen Briten besitzt ein gebündeltes Konto. Die FSA hat festgestellt, dass viele gar nicht genau verstehen, was ihr Konto überhaupt beinhaltet.
Die Druckmittel der FSA sind allerdings beschränkt – anders als die der US-amerikanischen Finanzaufsicht, die allein 2012 vier der führenden britischen Unternehmen insgesamt rund 10 Milliarden Dollar Strafgelder für Vergehen in den USA abgeknöpft hat.
So musste das Finanzunternehmen Barclays 360 Millionen Dollar für die Manipulation des Libor zahlen, des Zinssatzes für Geschäfte zwischen Banken. Der Pharmakonzern GlaxoSmithKline wurde mit 3 Milliarden für den Verkauf von Antidepressiva an Kinder und die Bestechung von Ärzten zur Kasse gebeten, BP musste 4,5 Milliarden Dollar für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zahlen, die Bank HSBC kosteten die Missachtung von Sanktionen und Maßnahmen gegen Geldwäsche 1,9 Milliarden Dollar.
In Großbritannien hingegen kommen die Unternehmen billiger weg. Barclays etwa musste nicht mal ein Drittel der Strafe für dasselbe Vergehen wie in den USA zahlen – und das war die höchste Strafe, die die FSA jemals verhängt hatte. So sehen die Finanzinstitute die Drohungen der FSA relativ gelassen. Kaum eine Bank hat zum Beispiel die vorgeschriebenen Maßnahmen gegen Geldwäsche ergriffen, sagte ein Sprecher der FSA empört.
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