Verschwundene Studierende in Mexiko: Ermittlung wird Chefsache
Der neue Präsident lässt gegen Bundespolizei und Militär ermitteln. Das macht Hoffnung. Aber es sind immer noch über 73.000 Menschen verschwunden.
S chon kurz nach dem Verschwinden von 43 mexikanischen Studenten vor sechs Jahren forderten deren Angehörige, dass wegen des Verbrechens auch gegen Bundespolizisten und Militärs ermittelt wird. Zu viel sprach dagegen, dass der Angriff auf die jungen Männer der Ayotzinapa-Lehreruniversität vor sechs Jahren nur von lokalen Politikern, Polizisten und Kriminellen verübt wurde. Eine für den Fall gegründete internationale Expertenkommission forderte Zugang zur Militärkaserne. Vergeblich.
Dass nun Haftbefehle gegen Soldaten und Bundesbeamte erlassen wurden, zeigt, wie skrupellos die damalige Regierung des Präsidenten Enrique Peña Nieto und seine Strafverfolger gelogen haben. Schon wenige Monate nach der Tat präsentierten sie eine „historische Wahrheit“, für die es keine tauglichen Beweise gab. Sie blockierten jeden Versuch, die Hintergründe aufzuklären. Den Angehörigen begegneten sie mit zynischer Arroganz und Ignoranz.
Fragt sich, warum. Warum wollten Peña Nieto und seine Schergen mit aller Kraft verhindern, dass die Wahrheit ans Licht kommt? Bis heute ist unklar, was hinter dem Angriff steckt. Einiges spricht dafür, dass die Studenten einem Herointransport in die Quere kamen. Folgerichtig wollten die Ermittler verhindern, dass das Ausmaß der Kooperation föderaler Kräfte mit der Drogenmafia ans Licht kommt. Dabei geht es um Strukturen, in die hochrangige Politiker und Beamte verwickelt sind. Dass derzeit darüber diskutiert wird, ob ehemalige Präsidenten wie Peña Nieto für ihre korrupten Geschäfte strafrechtlich verfolgt werden sollen, verweist auf die kriminelle Energie dieser Leute.
Peña Nietos Nachfolger Andrés Manuel López Obrador hat diesen korrupten Machenschaften den Kampf angesagt. Und er hat den Ayotzinapa-Fall zur Chefsache erklärt. Angehörige bestätigen, dass er auch wirklich entsprechend handelt. Das ist gut so, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass über 73.000 Menschen in Mexiko verschwunden sind. Nicht zu Unrecht befürchten deren Mütter, Väter und Schwestern, dass sie neben dem aufsehenerregenden Fall der 43 verschleppten Studenten vergessen werden.
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