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Vermummungsgesetz in FrankreichVerschleiertes Burka-Verbot

Ein neues Gesetz in Frankreich verbietet die Vermummung in der Öffentlichkeit. Betroffen davon sind zum Beispiel Demonstranten – vor allem aber trifft es Muslime.

Das Tragen einer Burka kann in Frankreich zukünftig teuer werden: 150 Euro kostet der Verstoß gegen das neue Gesetz. Bild: dpa

PARIS afp/apn | Die französische Nationalversammlung hat dem umstrittenen Verbot der Vollverschleierung muslimischer Frauen zugestimmt. In erster Lesung stimmten die Abgeordneten mit 336 zu einer Stimme für den entsprechenden Gesetzentwurf der konservativen Regierung.

Das Gesetz sieht ein Verbot jeglicher Art von Vermummung vor, etwa auch Gesichtsmasken bei Demonstrationen. Im September stimmt noch der Senat, die zweite Parlamentskammer, über das Gesetz ab, das kommendes Jahr in Kraft treten soll; auch der Verfassungsrat soll noch Stellung dazu beziehen.

Der Gesetzestext verbietet allgemein die Vermummung in der Öffentlichkeit und nicht nur von muslimischen Frauen getragene Schleier wie die Burka oder den Nikab. Wer gegen das Vermummungsverbot verstößt, soll künftig 150 Euro Strafe zahlen müssen. Alternativ oder zusätzlich kann die Teilnahme an staatsbürgerlichem Unterricht angeordnet werden. Ausgenommen von dem Verbot sind unter anderem Motorradhelme, Gesichtsmasken von Polizeibeamten und Verkleidungen an Karneval. Männern, die ihre Frauen zum Tragen von Schleiern zwingen, droht ein Jahr Haft und eine Geldstrafe von 30.000 Euro. Ist das Opfer minderjährig, so können sogar zwei Jahre Haft und 60.000 Euro Geldstrafe verhängt werden.

Das im Volksmund als Burka-Verbot bekannte Vorhaben sorgt seit Monaten für Diskussionen über Religionsfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Kritiker warnen, die Kluft zwischen strenggläubigen Muslimen und dem Rest der französischen Gesellschaft werde sich durch das Gesetz vertiefen. Auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und die französische Bewegung gegen Rassismus und für Völkerfreundschaft (MRAP) lehnen das Verbot ab.

Bewirkt hat die Kritik bislang allerdings nur, dass jeder Verweis auf den Islam aus dem Gesetzestext getilgt wurde. Typisch muslimische Gewänder wie Burka oder Niqab werden nicht erwähnt.

Justizministerin Michèle Alliot-Marie erklärte, es gehe weder um Religion noch um Sicherheitsfragen. "Es ist eine Frage von Würde, Gleichheit und Transparenz", sagte sie vergangene Woche. In der Bevölkerung genießt das Gesetzesvorhaben Umfragen zufolge breite Unterstützung.

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12 Kommentare

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  • T
    TOM

    Bisa: Du redest was von unserer Verfassung und sagst gleichzeitig: "..einer verfassungsfeindlichen, menschenverachtenden und insbesondere frauenverachtenden Ideologie.."

    Erklär mir mal bitte warum du DEINE Sicht auf Gesetze ausweiten willst? Heißt der Islam ist laut Gesetz eine ganz normale Religion und nur weil DU es anders siehst, kannst du nicht dich auf die Verfassung berufen. Im Grunde handelst du gerade selber unbemerkt gegen unsere Verfassung. Da gibt es jede Menge Sachen die über die Freiheit handeln!

     

    P.S Was heißt hier: In Deutschland dürfte es auch nicht die geringste Diskussion geben? In Frankreich diskuttiert man das seit Jahren teilweise ziemlich heftig! Aber sonnt euch nur in tollen Schaukämpfen wie dem Minarett, den paar Burkaträgerinnen.....(gäääähn)

  • B
    Bisa

    Auch in Deutschland dürfte es nicht die geringste Diskussion um ein Burkaverbot geben, wenn unser Grundgesetz wirklich ernstgenommen würde. Das Grundgesetz ist nämlich dazu da, um eingehalten zu werden. Und es schreibt die Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau vor. Ohne Wenn und Aber. Die Burka ist sowohl Symbol als auch Anwendung einer verfassungsfeindlichen, menschenverachtenden und insbesondere frauenverachtenden Ideologie. Sie degradiert die Frau zu einem identitätslosen Gebrauchsgegenstand des Mannes. Mit "normaler", nicht fundamentalistischer Religionsausübung hat die Burka nicht das Geringste zu tun. Deswegen gehört die Burka in Deutschland verboten, wie meiner Meinung nach in jedem westeuropäischen Land. Sie verstößt gegen das Grundgesetz.

  • T
    ToBi

    Hallo erstmal

    also Ende mit Burka und co und auch Ende mit Toleranz. Schade! Kommt jetzt als Revanche ein Anzugs- und Krawattenverbot im Jemen? Was soll diese schwachsinnige Denke, dass alle Frauen gezwungen werden, einen Schleier zu tragen? Was ist, wenn das nicht stimmt? Was ist, wenn sie einen tragen wollen?

    Warum immer Verbote? Warum nicht Freiheit und Toleranz?

    Oder wollen wir diesen Frauen vorschreiben, dass Sie in bauchfreien Tops und Stretchhosen auf die Straße gehen.

    Mir macht keine Frau mit Burka Angst und ich respektiere ihre Kleiderwahl. Aber Respekt und Toleranz scheinen ja leider auf dem Rückzug zu sein.

    Und zu den vorhergehenden Kommentaren: Wenn schon dann: Vive la Belgique! Denn wer hat`s erfunden? Sollte sich das Gesetzt europaweit durchsetzen, dann wäre es eine Schande.

    Denn schon beim Kopftuchverbot muss man bedenken, dass man dann auch konsequenterweise auch die Kruzifixe in öffentlichen Räumen abhängt.

    Empfehlung:

    http://www.stern.de/panorama/debatte-um-niqab-und-burka-verbot-kalaschnikow-unterm-schleier-1582779.html

     

    bin dann mal weg.

  • D
    Demos

    Liebe politische Führung, ich bitte um Nachahmung.

     

    Danke

  • S
    Stefan

    Also, verstehe ich das richtig? Die Erscheinungsformen rückständiger oder anders orientierter Kulturen haben nichts mit dem Islam zu tun? Deren Einschränkungen sind aber doch islamfeindlich?

    Was denn nun?

  • MM
    Mister Maso

    Meinen Glückwunsch an das französische Volk für das Setzen eines mutigen Zeichens gegen Unterdrückung, Intoleranz und Hass.

  • N
    Nörgler

    Liebe Leute,

     

    ihr habt schon wieder ein Foto mit einer einen Niqab tragenden Muslima abgebildet, schreibt aber darunter etwas über das Burkaverbot...macht ihr das mit Absicht, oder handelt es sich um Unkenntnis des Themas eurerseits?

  • H
    Hatem

    Eine gute Entscheidung.

     

    Keine Toleranz für Intolerante.

  • F
    Florentine

    "...vor allem aber trifft es Muslime". Ja, ist auch Absicht so. Ein Versuch wenigstens, Integration statt Desintegration zu befördern. Oder glaubt die taz wirklich, der von ihr mit getragene Trend zu Kopftuch und Burka zeigt die zunehmende Integration an?

  • S
    Sebastian

    Ein Vorbild für ganz Europa!

     

    Man braucht eigentlich garnicht die Politiker das machen lassen, wir brauchen einen Volksentscheid bei dem Thema. Ich glaube der würde sehr eindeutig für die Freiheit ausgehen!

  • KB
    Koso Blanke

    Viva la France!

     

    Ich kann nur hoffen, dass andere europäischen Länder folgen werden.

  • M
    Mensch

    "Betroffen davon sind zum Beispiel Demonstranten – vor allem aber trifft es Muslime."

     

    Soso, ich dachte, es gäbe in Frankreich kaum Muslima mit Burka.

     

    Ich finde diese Regelung ok. Besonders gut finde ich, daß den Ehemännern eine saftige Strafe droht. Die betroffenen Damen sollten besser komplett straffrei ausgehen.