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Vermeintlicher Klitschko-DeepfakeGiffey-Gags und Ausreden

Dass Giffeys Gespräch mit dem falschen Klitschko ein Deepfake war, scheint immer unwahrscheinlicher. Das wirft Fragen auf.

Es hat Zoom gemacht: Giffey sprach eine halbe Stunde lang mit einem Fake-Klitschko Foto: dpa/Senatskanzlei Berlin

Berlin taz | Franziska-Giffey-Gags sind mittlerweile schon fast eine eigene Witze-Kategorie auf Twitter. Dagegen hat nicht gerade geholfen, dass Berlins Regierende Bürgermeisterin am Freitag auf einen Fake-Videoanruf reingefallen ist. Statt mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko telefonierte Giffey eine halbe Stunde lang mit einem Unbekannten, einem virtuellen Klitschko, bevor das Telefonat nach inhaltlich komischen Wendungen plötzlich endete.

In den sozialen Medien gab es danach unzählige Gags über Enkeltricks, Mails mit Millionenerbe und falsche Doktortitel. Mittlerweile ermittelt der Staatsschutz. Die Hintergründe sind ungeklärt, und von russischer Propaganda bis Satire ist vieles denkbar.

Während Giffey am Samstag von einem „Deepfake“-Gespräch und einem „Mittel der modernen Kriegsführung“ redete, gibt es Zweifel daran, ob der Betrug wirklich so raffiniert war, wie der Senat es darstellte. Als sogenanntes Deepfake werden in der Regel technisch aufwendige KI-gestützte Videomanipulationen bezeichnet.

Florian Gallwitz, Experte für Videoverarbeitung, sagte im Spiegel, dass Deepfakes noch fragil sowie kompliziert seien und die Ergebnisse oft wenig überzeugten – erst recht in Echtzeit. Ebenso veröffentlichte Investigativjournalist Daniel Laufer Indizien, die für simplere technische Tricks sprechen. Anhand von veröffentlichten Fotos des Gesprächs zeigt er, dass diese fast genauso aussehen wie ein Klitschko-Interview im April. Womöglich seien Schnipsel daraus zusammengeschnitten und manuell in Echtzeit aneinandergereiht worden, vermutet Laufer.

Anfrage nicht mit offiziellen Stellen in Kiew gegengecheckt

In Summe spricht mehr dafür, dass die Rede vom „Deepfake“ einfach darüber hinwegtäuschen soll, wie einfach es war, die Senatskanzlei auszutricksen. Umso deutlicher stellen sich sicherheitsrelevante Fragen: Die Mail mit der Gesprächsanfrage kam nicht von behördlichen Mail-Servern mit der Endung „gov.ua“, sondern von der Adresse „mayor.kyiv@ukr.net“, einem kommerziellen Anbieter, bei dem sich prinzipiell jeder anonym einen Account einrichten kann.

Der Senat macht geltend, dass seit Kriegsbeginn auch über solche Server kommuniziert werde. Dennoch bleibt unterm Strich, dass der Senat nicht mit offiziellen Stellen in Kiew gegengecheckt hat, ob die Gesprächsanfrage von Anfang Juni authentisch ist.

Ebenso hätte Giffey direkt bei Gesprächsbeginn misstrauisch werden müssen: Klitschko gab unter einem Vorwand an, auf Russisch mit Dolmetscher sprechen zu wollen – obwohl der weltberühmte Box-Champion bekanntermaßen Deutsch spricht.

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1 Kommentar

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  • Wusste ihr schon?



    Es gibt gar keine #Giffeywitze.



    Das ist alles wahr!