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Vermächtnis des Eurovision Song ContestAmpelpärchen erobern Großstädte

Bei Rot stehen Ampelmännchen verliebt nebeneinander. Bei Grün laufen Ampelfrauen händchenhaltend los. Viele Städte übernehmen das Wiener Zeichen für Toleranz.

Von Wien in die Welt: Die Pärchen gibt es jetzt auf Ampeln in Deutschland und Österreich Foto: dpa

Wien dpa | Mit ihrer Installation zum Eurovision Song Contest 2015 in Wien sorgten die Wiener Ampelpärchen für Furore – und haben sich seitdem fleißig vermehrt. Mittlerweile leuchten die schwulen, lesbischen und heterosexuellen Ampelmänner und –frauen an Übergängen in mehreren Städten in Österreich und Deutschland. München und Frankfurt ließen die Ampeln im Sommer installieren, in Hamburg und Salzburg weisen sie Fußgängern mittlerweile dauerhaft den Weg.

Die ungewöhnlichen Ampeln in Wien wurden anlässlich des Eurovision Song Contests im Mai 2015 und des Life Balls als Zeichen für Toleranz montiert. An 54 Kreuzungen und Übergängen stehen unter anderem bei Rot Ampelmännchen verliebt nebeneinander oder marschieren bei Grün Ampelfrauen händchenhaltend los. 63 000 Euro ließ sich die Stadt die Signale kosten, Rechte und Konservative kritisierten die Aktion.

In Linz etwa entzündete sich an den Ampelpärchen gar ein handfester Streit. Der rechtspopulistische Verkehrsstadtrat Markus Hein (FPÖ) ließ sie abmontieren. Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) befand daraufhin, diese Aktion würde dem Ansehen der Stadt schaden.

Für die österreichische Hauptstadt wurden die bunten Pärchen hingegen zum Erfolg. Zehntausende Ampel-Fans forderten erfolgreich, dass die roten und grünen Pärchen dauerhaft bleiben. Laut Stadt-Sprecher Andreas Baur sind die ungewöhnlichen Ampeln mittlerweile ein Wahrzeichen Wiens geworden.

Touristen lassen sich mit ihnen fotografieren und auch die Magnet-Version im Souvenirladen Vienna Store komme gut an, heißt es dort. Und die Ampelpärchen sorgen nach Angaben der Stadtverwaltung auch für mehr Sicherheit. Einer Erhebung zufolge wurden an den entsprechenden Ampelanlagen rund 20 Prozent weniger Rotsünder erfasst.

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5 Kommentare

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  • Mich würde wirklich interessieren, wie man die Diskriminierung von Menschen mit anderer Hautfarbe Ampel-mäßig thematisieren könnte.

    Man könnte Fußgängerübergangs-mäßig statt auf Zebras auch mal auf bedrohte Pandabären hinweisen.

  • Ampelbärchen wären mir lieber ; )

  • Das m.E. völlig unverhältnissemäßige Überzeichnen vermeintlicher Moral trägt in einigen Bereichen langsam krude Züge.

     

    Niemand wird hierzulande und zwar bereits ein ganzes Weilchen wegen seiner sexuellen Ausrichtung seitens öffentlich-rechtlicher Institutionen diskriminiert.

    Ich habe auch erhebliche Zweifel, dass solche Maßnahmen zu mehr Toleranz führen. Zum Einen unterstelle ich, da es auch meiner Lebenserfahrung entspricht, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung längst keinerlei Vorurteile hätte, welche es abzuerziehen gelte. Bei der kleinen Minderheit, welche tatsächlich noch Vorurteile hat, wird man das genaue Gegenteil damit erreichen und die große und heute längst vorurteilsfrei Mehrheit könnte so langsam immer genervter auf solche Maßnahmen reagieren. Mir ergeht es zumindest beim Anblick einer solchen Ampel so, zumal diese Dinge nichts aber wirklich absolut gar nichts miteinander zu tun haben.

     

    Was hat eine Ampel mit der sexuelle Ausrichtung von Menschen zu tun?? Hat beides etwas mit "Verkehr" zu tun oder was?

     

    Für mich ist eine solche Maßnahme eher geeignet, Unverständis zu erzeugen. Meine spontane Empfindung: Es ist aufdringlich, da eben auch in einem Raum, welcher mit Sexualität absolut nichts zu tun hat!

     

    Ich kann mir kaum vorstellen, dass irgend eine dieser Städte nicht soziale Projekte hätte, die diese Gelder erheblich dringender hätte gebrauchen können. Aber so konnte sich sicher wieder irgend ein(e) Politiker(in) medienwirksam öffentlich profilieren.

     

    In manchen Bereich neigen wir m.E. in Deutschland dazu, einen Mißstand vom einen ins umgekehrte Extrem zu dehnen, statt irgendwo in der vernünftigen Mitte stehen zu bleiben...

    • @BleibKritisch:

      Nun, wenn es denn wirklich stimmt (was ich bezweifle), dass die große Mehrheit frei von Diskriminierung ist - umso besser! Dann können wir diese Tatsache mit den Ampelpärchen doch feiern! Dann sind die Ampelpärchen eben ein Zeichen dafür, dass wir in der Normalität angekommen sind, wo jeder Mensch lieben kann, wen er oder sie möchte.

       

      Außerdem wird auf den Ampeln gar keine Sexualität abgebildet. Zwei Menschen gehen bzw. stehen händchenhaltend herum. Das hat mit Sexualität eher weniger zu tun. Aber es ist ein Hinweis darauf, dass die Liebe zwischen Menschen, egal ob verschieden- oder gleichgeschlechtlich, einfach etwas sehr Schönes ist.

      • @Rudeboy:

        Ich bin jetzt 40, hatte in den neunzigern meine Jugendzeit und selbst in dieser Zeit (Loveparade und Co - Sie erinnern sich an die bunten Straßenzüge halbnackter Menschen?) war Homosexualität bereits im Alltag etwas völlig Normales, weswegen niemand mehr diskriminiert wurde und das ist jetzt 20 Jahre her.

        Wie lange wird der CSD nun schon in D. gefeiert? Seit 1979!

         

        Und natürlich hat Homo- bzw. HeteroSEXUALITÄT primär etwas mit Sexualität und nicht mit Liebe zu tun. Lieben können sie auch ihre Schwester, Mutter, Vater. Ob Sie nun Homo oder Hetero sind, sagt allerdings ausschließlich etwas über ihre Sexualität aus und zwischen Sexualität oder sexueller Ausrichtung und Ampeln gibt es nunmal keinerlei Kontext...

         

        Folge ich dieser Logik und möchte mit Ampeln kontextfrei etwas gegen Diskriminierung oder Vorurteile machen, wäre es erheblich gebotener, beispielsweise einen Mann mit Bart samt Frau mit Kopftuch abzubilden, da ich spontan sagen würde, dass der Islam erheblich mehr Akzeptanzprobleme hat als Homo- oder Transsexuelle...

         

        Aber auf so eine Idee würde doch auch niemand kommen bzw. alle PolitikerInnen die Finger davon lassen aus Angst sich selbige zu verbrennen!

         

        In meinen Augen ist das reiner Aktionismus zur Eigenprofilierung!