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Verlierer der AbwrackprämieZu viel Schrott

Gebrauchtwagenhändler und Schrottplätze leiden unter dem Preisverfall. Sie sagen, die Abwrackprämie sei schuld.

Warum alte Mühlen kaufen, wenn neue Flitzer subventioniert werden? Kundenfreie Verkaufsfläche beim Gebrauchtwagenhändler. Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN taz Abdul Osman ist jetzt seit zwanzig Jahren Autohändler in Frankfurt. "Im- und Export" steht auf dem Schild an seinem Stellplatz an der Mainzer Landstraße im Westen der Stadt. Der 1950 im Libanon geborene Mann im akkurat sitzenden braunen Anzug langweilt sich. "Nix los", sagt er. Das Geschäft laufe schon seit Wochen schlecht. Die Abwrackprämie sei schuld daran.

Abdul Osman ist doppelt gestraft. Zum einen sind seine zwei bis drei Jahre alten Autos vor allem der Marke Daimler auf dem Hof so gut wie unverkäuflich; es sei denn, er würde die Dumpingpreise akzeptieren, die von der "werten Kundschaft" inzwischen geboten würden. Bis zu 50 Prozent Rabatt seien bereits verlangt worden, klagt er. Zum anderen bricht ihm das Exportgeschäft mit den dicken Altautos von Daimler und BMW weg. Das war ein Stützpfeiler seiner Handelsaktivitäten.

Er kauft schwere, rund 25 Jahre alte "Spritfresser" mit mehr als 200.000 Kilometern und verkauft sie dann für ein paar Hunderter mehr über einen Importeur in den Libanon oder nach Angola. Jetzt aber sei der Markt leer gefegt: "Diese Autos sind alle in den Schrottpressen gelandet." Und wenn ihm wirklich noch jemand ein solches Fahrzeug anbiete, verlange er mindestens 2.500 Euro. Auch wenn der Wagen eigentlich nur noch "500 oder gar nichts mehr" wert sei.

Betroffen von den Folgen der Abwrackprämie sind zudem die großen deutschen Reedereien. Ihre gigantischen Transportschiffe auf den "Altautorouten" nach Afrika und in den Nahen- und Mittleren Osten sind nicht mehr ausgelastet.

Die Abwrackprämie schlage "Schneisen in den Markt", sagt das geschäftsführende Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der freien Kfz-Händler (BVfK), Ansgar Klein. Die Förderung verzerre das bisherige Preisgefüge. Das gelte einerseits für Neu- und Jahreswagen, andererseits für ältere Gebrauchtwagen. Fahrzeuge, die älter als ein Jahr seien, sackten im Preis "unheimlich ab", sagt Klein. Darunter litten zahlreiche Händler. Ihnen drohe die Insolvenz, weil sie nur wenig Kapital besäßen.

Dass die Abwrackprämie "auf den Gebrauchtwagenmarkt drückt", konstatiert auch der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen. Allerdings liegen keine genauen Zahlen vor. Für 2009 wird mit einem Minus von mehr als 3 Prozent bei allen sogenannten Besitzumschreibungen gerechnet, inklusive privater An- und Verkäufe. Die Folge: Teure Gebrauchte werden also billiger. Billige Autos älterer Baujahre sind kaum noch zu bekommen, weil sie verschrottet werden.

Das drückt auch bei den Schrotthändlern die Preise für gebrauchte Teile. Und die Schrottplätze stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. "Dafür habe ich keinen Platz mehr", sagt der Boss eines Schrottplatzes in Frankfurt.

Branchenexperten prophezeien auch den Kfz-Werkstätten Umsatzrück- und Ertragsrückgänge, weil eine ganze Generation reparaturanfälliger, aber noch fahrtüchtiger Autos in der Schrottpresse lande. "Die Werkstätten verlieren jetzt einen Teil ihrer Kundschaft", sagt Justus Haucap von der Monopolkommission, einem Beratergremium der Bundesregierung. Er hält die Abwrackprämie generell für "unsinnig und fragwürdig".

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