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Verkürzung des Zivildienstes"Gefahr indirekten Drucks"

Ein Gesetzentwurf zur Zivildienst-Verkürzung liegt vor, die FDP ist dagegen. Kritiker befürchten, dass es bei begehrten Stellen faktisch bei 9-12 Monaten bleiben wird.

Blick aus einem Rettungswagen. Bild: c3o – Lizenz: CC-BY

Im Büro von Florian Bernschneider spricht man von den "C-Ministerien", wenn es um das Familien- und das Verteidigungsministerium geht. Das C, das sind die anderen. Deshalb wundert es Bernschneider auch nicht, dass Kristina Schröder und Karl Theodor zu Guttenberg sich bei der Verkürzung von Wehr- und Zivildienst einig sind. Schließlich sind beide Unionspolitiker. Und Bernschneider ist bei der FDP.

Nach vielen Ankündigungen haben Familien- und Verteidigungsministerium jetzt einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag zur Verkürzung von Wehr- und Zivildienst auf sechs Monate vorgelegt. Allerdings noch ohne Beteiligung des Koalitionspartners. "Der Gesetzentwurf ist mit den Koalitionsfraktionen nicht abgestimmt", sagt Bernschneider. Während zu Guttenbergs Pläne kürzlich bekannt wurden, äußerte sich Kristina Schröder nun erstmals konkret.

Die Familienministerin will die Möglichkeit einführen, den Zivildienst freiwillig um bis zu sechs Monate zu verlängern. Dabei sollen Verdienst und Versicherungsstatus des Zivildienstleistenden gleich bleiben. Dem Entwurf nach werden die Änderungen für Zivildienstleistende ab 1. August dieses Jahres gelten. Wer zum 1. Juli seinen Zivildienst beginnt, beendet ihn demnach zwei Monate später als sein Kollege, der im August anfängt.

Um die freiwillige Verlängerung gibt es jedoch Streit. "Die Frage ist, wie freiwillig eine solche freiwillige Verlängerung ist", sagt Bernschneider, der zivildienstpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. "Es besteht die Gefahr, dass indirekter Druck entsteht." So sei es vorstellbar, dass Einsatzstellen gerade begehrte Plätze nur noch für neun oder zwölf Monate ausschrieben. Die FDP will, dass Zivildienstleistende einige Monate im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) im Anschluss an den Zivildienst in der Einsatzstelle bleiben können. "Es ist jetzt die Chance, dort Strukturen aufzubauen, die unabhängig von denen eines Ersatzdienstes sind", sagt Bernschneider.

Die freiwillige Verlängerung ist vor allem ein Zugeständnis an die Sozialverbände, die bereits das Ende des Zivildienstes vorhergesagt hatten. Der Paritätische Wohlfahrtsverband unterstützt Schröders Modell. Ein FSJ mache erst ab sechs Monaten Sinn, so Referent Peter Fialka. Dabei spielt allerdings auch Geld eine Rolle. Ein Zivildienstleistender verdient mehr als ein Freiwilliger im Sozialen Jahr, aber er kostet seine Einsatzstelle weniger: Der Bund schießt mehr dazu. Rund 500 Euro zahlt die Einsatzstelle im Monat für einen Zivildienstleistenden, rund 800 für einen Freiwilligen.

Jetzt werfen sich FDP und Union gegenseitig "Bürokratie" vor. Markus Grübel, der zivildienstpolitische Sprecher der Unionsfraktion, droht bereits: "Wenn es keine Einigung gibt, dann gibt es eben keine Verkürzung - zumindest nicht zum geplanten Zeitpunkt." Damit hatte Karl Theodor zu Guttenberg am Wochenende auch beim Thema Wehrpflicht gedroht. Sollte die FDP versuchen, eine Verkürzung der Wehrdienstzeit etwa zu verzögern oder inhaltlich zu verwässern, dann werde es bei der bestehenden Rechtslage bleiben, sagte zu Guttenberg in einem Interview. Das Gesetz liegt allerdings in seiner Verantwortung.

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7 Kommentare

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  • T
    taktloss

    Lieber Christian, Ersatzdienst ist eben kein Strafdienst sondern Ersatzdienst. Oder warum wurde der Zivildienst dem Wehrdienst zeitlich angeglichen? Zwar brauchte es dafür erst ein Gericht aber immerhin. Tatsächlich kann der Zivildienst ein Buffet sein. Zwei Stunden am Tag Opa im Bus rumfahren gegen acht Stunden Opa waschen ist ein gewisser Unterschied. Wenn Vati im Krankenhaus Chefarzt ist, schläft man schonmal bis 9 Uhr und läuft dann den Rest des Tages dem Hausmeister hinterher.

    Die Wehrpflicht an sich, ist die Strafe. Wie sollte man das sonst nennen? Ob jetzt Bund oder Altenheim: Neun Monate für ein Spaßgehalt die Drecksarbeit zu machen oder Knast? Eine neue Form von Flexibilität, Freiheit und Freiwilligkeit tut sich da auf. Hartz4ler nehmt euch in Acht!

     

    Zum Positiven: Der Zivildienst prägt einen natürlich fürs Leben. Leben und Tod, Menschenwürde und Alter, jaja. Jeder mit einer Oma auf dem Friedhof weiß so viel davon wie ein Zivi. Es gibt keine menschenverachtenderen Orte als Krankenhäuser und Altenheime, das lernt man als erstes im Schwesternzimmer. Auch was man dem Staat so wert ist wird schnell auf den Punkt gebracht. Drecksarbeit kostet nichts? Wieder eine Weisheit mehr.

    Der Artikel nennt 500€ Zuschuss vom Staat für die Zivildienststellen, wo die hängenbleiben würde mich ja sehr interessieren. Bei der Vergütung (satte 8€/Tag + Almosen in der obersten Soldstufe) bestimmt nicht.

     

    Noch was zum Artikel, wie können Stellen für 9-12 Monate ausgeschrieben werden, wenn man nur 6 Monate ableisten MUSS? Bereits jetzt kann man den Zwangsdienst wegen Studienbeginns abkürzen. Was hindert also daran bei einer "begehrten Stelle" (i. d. Busfahrer) nach 6 Monaten den Hut zu nehmen?

  • TS
    Thomas Sch.

    Ich finde die Diskussion stellenweise verlogen. Erstens ist die Bundeswehr heute ja keine Nazi-Kaderschmiede, was in Diskussionen oft unterschwellig behauptet wird, zweitens ist das Vorhandensein einer Armee durchaus kein Zeichen dafür, daß wir Gefahr laufen, ein faschistoides System zu bekommen. Schon in der frühesten Frühgeschichte der Menschheit ist das Übernachtungs- oder Vorratslager des Stammes bewacht worden. Ein gutes Zusammengehörigkeisgefühl ist gemeinschaftsfördernd. Ich finde es nicht nur zumutbar, sonder sogar wünschenswert, daß jeder Bürger dieses Landes, ob Mann, ob Frau, ob Inländer oder nicht, ein Jahr für die Gemeinschaft etws tut. Wer nicht zur Armee will, kann zum THW, zur Feuerwehr, ins Krankenhaus oder in Altenheime etc. Ist das so schlimm, wenn wir alle was füreinander tun ?

  • H
    Hans

    Sehe ich genauso wie Nopf! Jede/r sollte ein soziales Jahr machen. Wirkt der emotionalen Verarmung der Gesellschaft entgegen

  • N
    Nopf

    Was wir brauchen ist ein unfreiwilliges soziales Jahr (für beide Geschlechter), anstelle von Kriegs- und Zivildienst nach der Schule.

    Aus eigener Erfahrung:

    1. Es prägt fürs Leben.

    2. Aus selbigem wird Geschwindigkeit rausgenommen, im Sinne der Leistungsgesellschaft kann das also einen Moment der Besinnung bedeuten. 12 Monate, die man Zeit hat, sich für einen Lebensweg zu entscheiden, anstatt im erstbesten Studium zu stürzen, finde ich äußerst sinnvoll.

    3. Nach so einem Jahr sieht man viele Dinge in Bezug auf Alter/Krankheit/Tod/Leben aus anderen Blickwinkeln.

     

    Ich sehe das Ganze positiv aus der Sicht des Zivildienstleistenden, auch wenn man vielen 18-Jährigen das so wohl nicht klarmachen kann. Ob es volkswirtschaftlich Sinn macht oder nicht, sei dahingestellt.

  • CP
    Christian Puzicha

    Indirekter Druck - so ist das nunmal. Wenn ich etwas haben will, so muss ich dafür wohl mehr Einsatz zeigen. Ich weiß nicht, welches die begehrten Stellen sind, aber (ich denke) Bettpfannen leeren gehört nicht so dazu, insofern fände unter diesem Argument sogar ein kleiner Ausgleich zu den beliebteren Plätzen statt.

     

    Des weiteren ist der Ersatzdienst kein Buffet, von dem man sich aussucht was man gerne hätte, sondern 'Strafdienst' für diejenigen, die es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können, zur Verteidigung in der Bundeswehr ausgebildet zu werden. (Ins Ausland werden nämlich a) nur Freiwillige und b) mindestens Zeitsoldaten geschickt).

     

    Inwiefern eine solche Zwangsausbildung noch gerecht und gerechtfertigt ist, steht auf einem anderen Blatt.

  • F
    Fofi

    Wann ist endlich Schluss mit dem unfreiwilligen Staatsdienst? Ich selber musste noch selber 18 Monate ableisten bei zuerst 3 DM Tagessold, dann 4,50 DM. Zur gleichen Zeit bekam ein Baufacharbeiter 6 DM die Stunde.

    Ich verlor durch diese Form der Ausbeutung insgesamt zwei wichtige Jahre meines Lebens und hatte lebenslang berufliche Nachteile. Zufällig war ich das einzige Arbeiterkind in der Abi-Klasse. Am Tag der Musterung zur Bundeswehr waren die Söhne der Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte, Indutriegeschäftsführer und ähnlich "sterbenskrank". Danach konnten sie fort wieder Tennis spielen.

    Wann endlich ist Schluss mit dem Bundesarbeitsdienst?

  • I
    István

    Ich finde es interessant, dass eine Stelle 500-800€ vom Bund im MOnat bekommt. Wie kann es dann sein, dass der Grundsold weniger als 300€ ist? Na gut, Zivildienstleistende bekommen viel Extravergütungen wie zB Nachtschicht, doppeltes Essengeld, wenn sie zu Hause essen (und dann aber trotzdem verpflegt werden). Zivis, die ich kenne, haben im Monat knapp über 500€ verdient, dort gegessen und zu Hause geschlafen.Oder auf Nachtschicht geschlafen.

    Verdienen die Zivi-Stellen noch an den Zivis? Regen sie sich vielleicht deshalb so auf? Man sollte eh lieber einen freiwilligen Dienst einführen für Männder und Frauen. Es ist ja so, dass man sich eigentlich auswählen kann, ob man Wehrdienst oder Ersatzdienst ("Zivildienst") leistet: die Verweigerung gibt es im Internet kostenlos zum Download. Da kann man auch gleich einen Zettel aushändigen, auf dem man ankreuzt, was man machen will.

    Ich selbst habe Wehrdienst geleistet und weitaus weniger verdient als meine Kumpels beim Zivildienst. Dafür war ich nicht oft zu Hause (in der Grundausbildung, später vielen Wochenenden), konnte keinen Vereinssport mehr betreiben und musste meine Hobbies aufgeben, allem voran Musikspielen in der Band. Als Dank dafür wird man dann 9 Monate lang von irgendwelchen Hauptschülern angeprüllt, während der Zivi frühs besoffen seinen Dienst "absitzt". Also Leute, es muss eine Neuregeleung her! Entweder alle oder keiner! Und angemessene Bezahlung!