Verkürzte Ausbildung zur ErzieherIn: Schnell, schnell in die Kita
Durch eine verkürzte Ausbildung will Senatorin Scheeres (SPD) schnell mehr Fachkräfte in die Kitas bringen. Rund 2.000 werden jährlich gebraucht.
„2+2“-Modell nannte Scheeres den seit August 2019 laufenden Schulversuch bei einer ersten Bilanz am Mittwoch an der Marie-Elisabeth-Lüders -Oberschule in Schöneberg. 650 SchülerInnen hätten sich in der ersten Runde eingeschrieben.
„Wir befinden uns seit Jahren in einem Wettlauf mit steigenden Kinderzahlen“, sagte Scheeres. Und weil man gleichzeitig auch „qualitativ ausgebaut“ und etwa den Betreuungsschlüssel verbessert habe, müsse man eben „unterschiedliche Wege entwickeln, um das Ziel zu erreichen.“ Das Ziel: 1.500 bis 2.000 ErzieherInnen mehr pro Jahr, Minimum. Im vergangenen Jahr habe man das auch geschafft.
Allerdings sei auch klar: Die herkömmliche dreijährige ErzieherInnenausbildung an den Fachschulen, für die der Mittlere Schulabschluss (MSA, 10 Schuljahre) Voraussetzung ist, bringe nicht genug AbsolventInnen. Deshalb jetzt die Idee, schon BewerberInnen mit dem niedrigstmöglichen Schulabschluss zuzulassen – allerdings unter der Bedingung, dass sie nach zwei Jahren den MSA schaffen und die Ausbildung in Sozialpädagogischer Assistenz mit einem guten Notenschnitt bestehen.
Gewerkschaft: „Dequalifizierung“
Scheeres konterte denn auch Kritik der Gewerkschaft GEW, sie lasse eine „nachhaltige Dequalifizierung“ der ErzieherInnenausbildung zu. Wer den MSA nach den zwei Jahren nicht schaffe oder zu schlechte Noten habe, müsse ein Jahr länger weiterlernen, bis er oder sie sich staatlich geprüfte ErzieherIn nennen darf. Oder könne eben als AssistentIn – bei geringerem Gehalt – in den Kitas arbeiten.
Sozialpädagogische AssistentInnen sind nicht zu verwechseln mit Sozialassistentinnen: Letztere machen eine Ausbildung, die auch Altenpflege und Hauswirtschaft umfasst und arbeiten schon länger als QuereinsteigerInnen in den Kitas. Erstere sollen sich laut Scheeres ganz auf die frühkindliche Bildung konzentrieren. Dafür können sie dann nach zwei Jahren auch quasi als Fachkraft eingestellt werden – ohne die Auflage, nach spätestens zwei Jahren noch eine ordentliche ErzieherInnenausbildung machen zu müssen, wie bei den SozialassistentInnen der Fall.
Im Klartext: In den Kitas werden in Zukunft mehr Menschen als ErzieherInnen arbeiten, die eigentlich nur eine AssistentInnen-Ausbildung haben. Scheeres betonte am Mittwoch den hohen Praxisanteil in der Ausbildung, mindestens 600 Stunden Kita-Einsatz seien Pflicht.
Gabriela Funk-Horn, Schulleiterin an der Lüders-Oberschule, rechnet damit, dass rund die Hälfte der 135 „2+2“-SchülerInnen an ihrer Schule nach den ersten zwei Jahren Ausbildung zur Assistenz weitermacht mit der ErzieherInnenausbildung. 57 SchülerInnen hätten zu Ausbildungsbeginn auch bereits den MSA gehabt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten