Verkehrsversuch an Kreuzungen: Ein klitzekleiner grüner Pfeil
Einst forderten die Grünen den „Idaho-Stop“ – übrig blieb eine Abbiegeregelung für Radfahrer, die jetzt an fünf Kreuzungen ausprobiert wird.
Wo Idaho liegt, weiß man in Berlin bis heute nicht so genau, von ein paar Erdkunde-Nerds mal abgesehen. Als Schlagwort immerhin ist der Name des Bundesstaats im Nordwesten der USA vielen VerkehrspolitikerInnen geläufig: Gemäß der als „Idaho Stop“ bekannt gewordenen Regelung dürfen RadfahrerInnen eine rote Ampel wie ein Stoppschild und ein Stoppschild wie ein „Vorfahrt achten“-Schild behandeln. Einige Städte in anderen US-Staaten und auch in anderen Ländern der Welt haben das übernommen, eine abgespeckte Version gibt es in Paris.
In Berlin hatten die Grünen mal die Courage, ein „Idaho“-Modellprojekt zu fordern – weil es Radfahrenden das Vorankommen erleichtert, ohne dass es zu mehr Unfällen führt, wie zumindest bisherige Studien besagen. Das war 2015, vor der letzten Wahl. In den Koalitionsverhandlungen wurde am Ende das Petitum eines „grünen Pfeils für den Radverkehr“ daraus, eine Mini-Mini-Variante der Ursprungsidee.
Im Februar ist es tatsächlich so weit: An fünf Kreuzungen (Mitte: Hannah-Arendt-/Ebertstraße, Tor-/Rosa-Luxemburg-Straße, Schönhauser Allee/Torstraße; Friedrichshain: Gürtelstraße/Frankfurter Allee; Steglitz: Bergstraße/Thorwaldsenstraße) werden weiße Schilder neben die Ampeln geschraubt, auf denen der altbekannte grüne Pfeil, das Wort „nur“ sowie ein Fahrradpiktogramm zu sehen sind. Das Ganze ist ein Pilotprojekt, von Mai bis Juli sollen Daten an den Kreuzungen erhoben und bis Januar 2020 soll ein Schlussbericht geschrieben werden.
Löblich: Berlin macht das Ganze auf eigene Faust, nachdem es keinen Zuschlag für einen vom Bundesverkehrsministerium geförderten Versuch in mehreren deutschen Städten bekam. Erwartbar: So eine Initiative startet man nicht, ohne Ärger zu bekommen. Diesmal sind es die FußgängerInnen in Gestalt des Fuss e. V., die Gefährdungen durch rasant abbiegende RadlerInnen befürchten.
Geheime Zutat: Anhalten
Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Jedenfalls ist es mehr als unwahrscheinlich, dass Letztere die geheime Zutat des alten DDR-Verkehrszeichens kennen oder gar befolgen werden: Vor dem Abbiegen ist erst mal anzuhalten. Das tun ja schon die AutofahrerInnen nicht. Und so richtig sinnvoll ist es für Menschen im Sattel auch nicht, denn für sie bestünde der Vorteil ja gerade darin, nicht anhalten zu müssen und die mühsam aufgebaute kinetische Energie weiter nutzen zu können. Trotzdem: Ohne Rücksicht wird es nicht funktionieren.
Gar nicht verträgt sich der neue Pfeil mit in Teilen der Koalition geforderten getrennten Grünphasen für AutofahrerInnen und alle anderen. So ist es halt. Sicherheit und Freiheit – man kann nicht beides gleichzeitig in Gänze haben.
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