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Verkehrssicherheit in BerlinWeniger Unfälle, mehr Tote

Die Zahl der Unfälle ist leicht gesunken, aber Berlins Straßen bleiben insbesondere für Radfahrer und Fußgänger gefährlich. Der Senat will mehr Blitzer.

Ein weiterer Toter zu viel: Spurensicherung nach einem tödlichen Radunfall in Berlin-Hohenschönhausen im Februar 2025 Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin taz | Iris Spranger hat ihr Gadget für mehr Sichtbarkeit im Straßenverkehr gefunden: „Der ist cool, oder?“, fragt Berlins SPD-Innensenatorin und fuchtelt mit einem quietschgelben Regenschirm herum. Gemeinsam mit Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel präsentiert sie am Mittwoch im Landeskriminalamt die Verkehrsunfallstatistik für das vergangene Jahr. Und lenkt schmähliche Assoziationen mit dem Gegenstand in ihrer Hand eilig um: „Nein, der Senat steht nicht im Regen. Der Senat sorgt für Sicherheit.“

Ein Versprechen, das die vorgestellten Zahlen freilich entkräften. Von der Vision Zero – dem Ziel, dass im Straßenverkehr keine Menschen mehr tödlich oder schwer verletzt werden – ist Berlin meilenweit entfernt. Allein in den ersten acht Wochen dieses Jahres wurden schon vier Menschen bei Verkehrsunfällen getötet. Im vergangenen Jahr waren es 55 Verkehrstote, der zweithöchste Stand der letzten zehn Jahre. Polizeipräsidentin Slowik Meisel spricht von einer „schrecklichen und alarmierenden Zahl“.

Dabei trifft es vulnerable Gruppen weiterhin am häufigsten. Nahezu zwei Drittel der 2024 getöteten Menschen waren Fuß­gän­ge­r*in­nen (24) und Rad­fah­re­r*in­nen (11). Und rund die Hälfte der tödlich Verletzten war älter als 65 Jahre.

Für die Grünen-Verkehrspolitikerinnen Antje Kapek und Oda Hassepaß ist diese Bilanz „eine Katastrophe“. „Wir müssen die Schwächsten schützen“, fordern die Abgeordneten, dafür brauche es „mehr Blitzer, sichere Radwege, geschützte Übergänge und konsequente Kontrollen“.

Neues Lieblingsgadget: Slowik, Spranger und Bonde (v.l.n.r.) auf der Pressekonferenz am Mittwoch Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Fünf Schwerverletzte pro Tag

Tatsächlich ist die Gesamtzahl der Unfälle 2024 im Vergleich zum Vorjahr minimal zurückgegangen, trotz steigenden Verkehrsaufkommens. Doch es gab gleichzeitig mehr Unfälle mit Personenschaden, bei denen 1.920 Menschen schwer verletzt wurden – im Schnitt mehr als fünf Schwerverletzte pro Tag.

Die drei häufigsten Unfallursachen bleiben Fehler beim Abbiegen, Missachtung der Vorfahrt und zu schnelles Fahren. Überhöhte Geschwindigkeit ist zugleich die häufigste Ursache für Unfälle mit Toten. Die Geschwindigkeitsüberwachung sei deshalb „ein großes Thema“, erklärt Slowik Meisel. Im vergangenen Jahr seien sechs stationäre Blitzer neu in Betrieb genommen worden – insgesamt seien es jetzt 47, die durch 27 mobile Anlagen ergänzt würden.

Die Bußgeldstelle ist überlastet

Mehr Blitzer aufzustellen, hilft jedoch nicht allein. Die Verstöße müssen auch geahndet werden, doch die zuständige Bußgeldstelle ist seit Jahren überlastet. 2023 etwa hatte nur die Hälfte der Blitzerfotos einen Bußgeldbescheid zur Folge. „Das ist eine riesige Aufgabe, die die Kollegen da machen“, räumt Spranger ein. Hoff­nun­gen setzt sie nun in 32 zusätzliche Personalstellen, die bei der Bußgeldstelle eingerichtet werden sollen.

Die Innensenatorin will in Zukunft verstärkt mobile Blitzer einsetzen und betont mit einem kleinen Seitenhieb in Richtung Finanzverwaltung, es handele sich bei deren Anschaffung um ein lukratives Geschäft. 200.000 Euro koste eine solche Anlage, „und jede davon lohnt sich für den Landeshaushalt“. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 112 Millionen Euro durch Blitzer eingenommen.

Kritik an Eigenverantwortung

Gleichzeitig will Verkehrssenatorin Ute Bonde die Präventionsangebote für die besonders gefährdeten Gruppen ausbauen. Dafür hat sie kürzlich das „Verkehrssicherheitsprogramm 2030“ vorgelegt, es enthält 60 Maßnahmen in sieben Bereichen sowie ein Bekenntnis zu einer umfassenden Auswertung von Unfällen.

Der Fahrrad-Verband ADFC hat seine Zweifel an der Wirksamkeit des Programms. Analysen allein sorgten nicht für sicheren Verkehr, es komme vielmehr auf die Umsetzung an: „Zur Sicherung von Knotenpunkten braucht es jetzt konkrete Finanzierungszusagen“, sagt die politische Referentin Marlene Alber. Zudem sieht sie den starken Fokus auf die Prävention kritisch: „Mobilitätsbildung an Kitas und Schulen ist wichtig, aber das Leben von Kindern darf nicht nur von ihrem individuellen Verhalten abhängen.“

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