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Verkehrssenator torpediert Koalition

■ Verkehrsverwaltung: Parkraumbewirtschaftung mit Umweltticket »juristisch fragwürdig«/ SPD droht CDU-Senator: Bald ist Schluß mit Reden

Berlin. Die Verkehrsverwaltung prüft, ob das von der CDU/SPD-Koalition geplante Parkraumbewirtschaftungskonzept juristisch möglich ist. Die Verwaltung hält es für rechtlich bedenklich, daß in den beiden Versuchsgebieten um den Zoo und den Alex ab 1993 das Parken für Autofahrer nur erlaubt sein soll, wenn sie im Besitz einer Umweltkarte der BVG sind. In Stockholm sei dieses Verfahren schließlich nie umgesetzt worden, und auch in Deutschland gebe es dieses Modell »nirgends«, begründete Sprecherin Uta-Micaela Dürig die neusten Zweifel ihrer Verwaltung. Alternativen wie beispielsweise einfache Parkscheine oder Vignetten würden von ihrer Verwaltung allerdings noch nicht geprüft.

Die SPD ist über das Vorgehen der Verkehrsverwaltung empört. »Die können mich mal«, schimpft Käthe Zillbach, verkehrspolitische Sprecherin der SPD, »bekommen die nie etwas auf die Reihe?« Als die Koalition sich kurz vor den Bezirksverordnetenwahlen auf das Parkraumbewirtschaftungskonzept geeinigt hatte, mit dem Autofahrer zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr bewegt werden sollen, habe selbst Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) gesagt, daß es keine Bedenken gegen die Koppelung mit einer Umweltkarte gebe. Juristisch sei alles einfach: denn Autofahrer erwerben eine Parkberechtigung und bekämen eine Umweltkarte kostenlos dazu. Dieses Modell sei von Anfang an klar gewesen, so Zillbach. Sie wirft dem Senator, seiner Verwaltung und der CDU vor, trotz Koalitionsbeschlüssen »mit aller Gewalt« andere Interessen durchsetzen zu wollen. Statt durch den Verkauf von Parkscheinen mit Umweltkarte Geld direkt in die Kassen der BVG fließen zu lassen, werde erneut eine Vignette favorisiert. Die Verkehrsverwaltung und die CDU haben sich an die Koalitionsbeschlüsse zu halten, »ansonsten ist Schluß«, droht Zillbach. »Schluß mit Reden«, erklärte die Abgeordnete.

Rainer Giesel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU, würde ein Modell ohne Umweltticket bevorzugen: »Wir sind nicht glücklich mit dem Umweltticket.« Sollte eine Parkgebühr mit BVG-Karte rechtlich nicht zulässig sein, spricht sich Giesel für die Vignette aus. Das Umweltticket müßte nicht als Fahr- und Parkschein zweigeteilt werden. Außerdem sei es nicht gewollt, daß Autofahrer statt auf Park-and-Ride- Plätzen deshalb am Zoo und Alex parken wollten, weil sie dort eine Umweltkarte erhalten würden. Die Gebühren für die Vignette, die in den Berliner Haushalt fließen würden, könnten für eine verbesserte Verkehrsplanung aufgewendet werden. Neben der BVG könnte auch der Bau von Park-and-Ride-Plätzen und die Einrichtung des Parkleitsystems »Euro-Scout« gefördert werden.

Angesichts der geplanten Einsparung von einer halben Milliarde Mark bei der BVG gibt es für das Parkraumbewirtschaftungskonzept noch ein ganz anderes Problem. Möglicherweise fehlt dem Nahverkehrsunternehmen Geld, um das Angebot in der City-West (Zoo) und City-Ost (Alex) so zu verbessern, daß die Kapazitäten von Bus und Bahn für die umsteigewilligen Autofahrer genügen. Wie die Kapazitäten ausgebaut werden sollen, »müssen Sie den Senator fragen«, rät BVG-Sprecher Ullrich Mohneke. Giesel nennt es dagegen kontraproduktiv, wenn Autofahrer zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr bewegt werden sollen, die BVG aber die Kapazitäten nicht vergrößere. Dirk Wildt

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