Verkehr: S-Bahn steckt im Schnee fest
Kaum schneit es, fallen S-Bahn-Züge aus. Zum Wochenanfang gibt es hundert Viertelzüge zu wenig. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung will bis zum Jahresende über eine mögliche Ausschreibung entscheiden.
Aus dem Hinweis an die Fahrgäste klingt pure Hilflosigkeit: "Witterungsbedingt kommt es leider auch heute im Netz der S-Bahn Berlin zu Einschränkungen und Verspätungen im Zugverkehr", informierte das Unternehmen am Sonntag auf seiner Website. Auch am Wochenanfang soll es weitergehen mit verkürzten Zügen, 10-Minuten-Takt auf der Ringbahn und 20-Minuten-Takt zwischen Charlottenburg und Potsdam sowie zwischen Wartenberg und Warschauer Straße.
Seit dem ersten Schneefall Mitte vergangener Woche meldet die S-Bahn noch mehr Einschränkungen als gewöhnlich. Doch anders als im vergangenen Winter, als das Ausfallen von Motoren und Türprobleme zu zahlreichen Zugausfällen führten, sind nach Auskunft des Mutterkonzerns Deutsche Bahn dieses Mal vor allem Schneeverwehungen und daraus resultierende Weichenstörungen schuld. Auch dieses Problem tritt nicht zum ersten Mal auf: Bereits in früheren Wintern konnten S-Bahnen nicht fahren, weil Weichen zugeschneit und mangels Heizungen oder mangels Personal nicht kurzfristig wieder in Betrieb zu nehmen waren.
"Es darf nicht sein, dass ein Eisenbahnunternehmen so abhängig vom Wetter ist", kritisiert Stefan Kothe vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Der Geschäftsführer des Verkehrsverbandes Berlin-Brandenburg (VBB), Hans-Werner Franz, hatte bereits im Oktober den Flugschnee als eines der beiden Hauptprobleme der S-Bahn im bevorstehenden Winter ausgemacht. Das zweite seien unzureichende Werkstattkapazitäten. Die Kombination führt nun laut VCD dazu, dass noch weniger Züge eingesetzt werden können. Und die Kälte verzögere die Wartung, weil Räder und Achsen für die Kontrolle schneefrei sein und eine Mindesttemperatur haben müssen. Auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) übte scharfe Kritik an dem Unternehmen: Es sei schlimm genug, dass Züge ausfielen. Dass das Unternehmen aber Fahrgäste uninformiert an Haltestellen stehen lasse sei eine "unhaltbare Situation".
Auch wenn weitgehend Einigkeit darüber herrscht, dass die Renditeorientierung der DB schuld an den Engpässen ist - unklar bleibt, wie in Zukunft ähnliche Probleme verhindert werden sollen. Die SPD ist der Ansicht, dass der S-Bahn-Betrieb wieder in landeseigene Hände fallen soll. Auf ihrem Parteitag Mitte November verabschiedete sie einen Antrag, in dem sie eine Vergabe beispielsweise an die BVG fordert. In dem Antrag erteilten die Delegierten auch einer Teilausschreibung eine Absage. Auch die Linkspartei sprach sich in der Vergangenheit stets für einen kommunalen Betreiber aus. Die Grünen befürworten dagegen eine Ausschreibung. Die Fahrzeuge sollten dabei vom Land gestellt werden.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung entscheidet nun, in welche Richtung es gehen soll. Sprecher Mathias Gille sagte am Sonntag: "Wir wollen bis zum Jahresende eine Konstruktion zum weiteren Verfahren finden." Das könne beispielsweise eine Ausschreibung, eine Teilausschreibung oder auch eine Direktvergabe sein. Die Fristen dafür würden allerdings erst im kommenden Frühjahr ablaufen.
Der VCD weist darauf hin, dass es - ob Ausschreibung oder nicht - langsam eng werde mit der Beschaffung der Züge. Allein 2017 würden 200 neue Fahrzeuge benötigt. Da bei Bahnen Vorlaufzeiten über mehrere Jahre notwendig seien, müsse eine Bestellung bald in die Wege geleitet werden.
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