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VerkehrFernbusse mit Verspätung

Ab Januar darf jedes Busunternehmen Fernreisen innerhalb Deutschlands anbieten. Doch in Berlin wagt sich noch niemand mit neuen Strecken aus der Deckung.

Am Zentralen Omnibusbahnhof Berlin Bild: DPA

Die Erwartungen des Bundesverkehrsministers waren hoch: „Wir erwarten von der Liberalisierung attraktive Angebote für die Verbraucher und einen kräftigen Impuls für die Omnibuswirtschaft“, sagte Peter Ramsauer (CSU) Anfang November. Da hatte der Bundesrat gerade beschlossen, die Beschränkungen für innerdeutsche Fernbuslinien weitgehend aufzuheben, die über Jahrzehnte die Bahn vor Konkurrenz schützen sollten.

Berlin als Mauerstadt hatte dabei einen Sonderstatus, deshalb gibt es hier bereits ein Fernbusnetz. Der bisher dominierende Anbieter ist Berlinlinienbus – eine Tochter der Deutschen Bahn, die vom Zentralen Omibusbahnhof in der Nähe des Messeländes aus rund 30 Verbindungen nach Rügen, Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt oder München anbietet. Doch auch Berlinlinienbus wird zum Januar sein Angebot nicht ausbauen. „Wir werden nicht der Vorreiter der Bewegung sein“, sagte Ulrich Homburg, der im Vorstand der Bahn für Personenverkehr zuständig ist.

„Wir haben ein fertiges Konzept für ein Fernbusliniennetz in Gesamtdeutschland in der Schublade“, so Homburg. Doch momentan sei der Markt nicht so attraktiv, um als Vorreiter in einen Ausbau der Aktivitäten zu investieren, erklärte Homburg. Zu erwarten seien schwache Gewinnmargen und ein „hochvolatiler Markt“: Verbindungen würden anfangs kurzfristig angeboten und auch schnell wieder verschwinden. Der Konzern sei allerdings „jederzeit reaktionsfähig“, so Homburg.

Er prognostiziert für Fernbuslinien ein Potenzial von 150 bis 300 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Die Fernzugsparte der Bahn kommt derzeit auf rund 3,8 Milliarden Euro. Laut dem Statistischen Bundesamt hatten Fernbusse im Inland zuletzt zwei Millionen Fahrgäste im Jahr, Fernzüge 125 Millionen.

Mögliche Konkurrenz für Berlinlinienbus könnte von Deutscher Post und ADAC kommen. Beide hatten Mitte Dezember mitgeteilt, dass sie eine Kooperation prüfen. Es gehe darum, „ein attraktives Angebot für die Verbraucher zu entwickeln“ so Karl Obermair vom ADAC. Man wolle die wichtigsten Metropolen verbinden, Details nannte er noch nicht. Die Busse sollen aber nicht vor 2014 starten.

Ein gewaltiges Potenzial hätte so ein Angebot sicherlich. Die Post hatte vor über 100 Jahren ein Netz an Postbussen aufgebaut und im Regionalbusverkehr lange mit der Bahn kooperiert. Die Post hat die Stützpunkte, das Geld und das Know-how für ein flächendeckendes Netz. Mit dem ADAC und seinen gut 18 Millionen Mitgliedern hätten beide zudem eine gewaltige Werbe- und Vertriebsmacht. Zudem betätigt sich der ADAC bereits jetzt als Mitveranstalter innerdeutscher und internationaler Reiseangebote. Auch bei Meinfernbus.de bleibt es zunächst beim bisherigen Angebot: Zweimal am Tag fährt ein Bus von Berlin nach Freiburg und ist für diese Strecke gut zehn Stunden unterwegs. DeinBus.de fährt von Berlin nach Hamburg, Hannover, Kassel, Ludwigshafen, München, Stuttgart und Ulm – allerdings nur, wenn genug Reisende buchen. Auch der private Bus- und Bahnbetreiber Veolia steuert Berlin zunächst weiterhin nur auf Schienen mit seinem Interconnex an, nicht aber per Bus.

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6 Kommentare

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  • SH
    Sebastian Heiser

    Ivulkansturm: Die Berliner Perspektive des Artikels liegt daran, dass es sich um einen Artikel handelt, der im Berliner Lokalteil der taz erschienen ist. Das erkennen Sie auch daran, dass ganz oben in der Navigationsleiste das Wort "Berlin" hervorgehoben ist. Es gibt auch Artikel aus dem überregionalen Teil der taz zum Thema - fünf davon sind in diesem Artikel in dem Infokasten im letzten Absatz verlinkt.

  • I
    Ivulkansturm

    Was soll dieser irrsinnige Artikel aus der Berliner Perapektive?????

    Für Reisen nach Berlin galt schon vor Jahrzehnten kein Verbot für Fernbuslinien, weil es vor der Wiedervereinigung keine Bahnverbindungen gab. Ist doch klar, dass von der Aufhebung des Bahnmonopols jetzt nicht gerade die Berlinreisenden profitieren.

    Leute, es gibt auch noch Menschen ausserhalb von _Berlin, die nicht nach Berlin reisen wollen, sondern vielleicht nach München, Hamburg, Köln etc.

    Ist die Taz nur noch eine Berliner Regionalzeitung?????

  • V
    vulkansturm

    Mein Gott, es gibt nicht nur Berliner in diesem Land. Schreibt die Taz nur noch für Berliner?? Klar, dass Berliner nicht groß profitieren, da dort schon früher Fernbuslinien legal waren. Aber vielleichr sollte die Taz sich mal überlegen, dass Berlin nur ein seht kleiner Teil der BRD ist.

  • M
    Michael

    Man ist es ja gewohnt, dass Berliner die Welt nur aus der Berlin-Perspektive sehen.

    Sonderlich überraschend ist der Inhalt des Artikels ja nicht: Aus Berlin gab es schon bisher Fernbuslinien, es wird sich also nicht so viel ändern. Spannend wär ja die Frage: Auf welchen anderen Strecken gibt es neue Angebote.

  • LL
    Lehrer Lämpel

    Ja die Amnesie und die lange Zeit ohne Fernbusse. Da denkt sich nun so ein Schnäppchenjäger er könne der verhassten Bahn ein Schnippchen schlagen. Ich kenne diese verdammten Busse noch aus meiner Kindheit. Enge Sitze und wer das Pech hatte neben meiner Großmutter zu landen, durfte sich auf 300 km die gesamte Familiengeschichte anhören. Die Reisezeiten waren exorbitant lang, aber es war eben günstiger als mit der Bahn zu reisen. Also, wer noch einmal in die Fünfiziger Jahre absteigen will, kann das gern tun. Man komme mir nicht mit vollklimatisierten Luxusbussen. Die gibt es wohl auch, aber das Gesäß brennt eben nach einer gewissen Zahl von Kilometern und die Busklos sind alles andere als erfreulich.

     

    Außerdem wer sagt denn, dass Luxusbusse auf den Linien fahren werden? Nein, es werden die bewährten Busse aus Litauen, Lettland und Belorussland sein, die mit entsprechenden Fahrern unterwegs sind. Denn bei den Preisen wird kein Unternehmen auf deutsche Busfahrer zurückgreifen. Wie tief sollen denn die Quartalszahlen noch sinken?

     

    Um halbwegs die Fahrpläne einzuhalten mssen die Reiserouten mit großem Zeitpuffer geplant werden. Denn zu dem Zeitpunkt als wir in die Ferien fuhren, da waren Staus auf den Autobahnen unbekannt. Also werden die Reisezeiten per Bus keinesfalls mit denen der Bahn konkurrieren können. Dieses ganze Projekt ist typische CDU/CSU/FDP-Klientelpolitik. Mit dem Unterschied, dass hier die Klientel der Seelenverkäufer bedient wird. Ich erninnere nur an das aparte Busunglück auf der A2. So etwas wird häufiger vorkommen.

     

    Eine typische Politik, die Keiner braucht und auch wirklich niemand haben will. Abgesehen von ein paar Billigsttouristen, doch die werden wahrscheinlich nicht die schwarzgelbe Koalition unterstützen, sondern nur sich selbst.

  • Y
    yberg

    interessant zu wissen is doch,ab welcher auslastungsquote sich son busverkehr rechnet.fürn anfang dürften die betreiber maximal mit nem drittel auf mittel und langstrecken rechnen können und hamn darüberhinaus noch das problem der aus- und zusteiger auf der strecke ,die sie auch im interesse ihre einahmen zu steigern ,bedienen müßten aber nicht können.

     

    wenn det mit den bussen ein derart dollet geschäft wär ,gäbs in unsern neoliberalen zeiten det allet schon längst.

     

    beim stückgut führte die abschaffung der vorgegebenen tarife ,erst mal dazu,daß keiner mehr geld verdiente,weil sich der markt kanibalisierte. erst mit den kooperationen und ladegemeinschaften nach schlapp 10 jahren,waren ausgeglichene zahlen möglich und richtig gewinne wern da heute noch nicht geschrieben.

     

    selbst der flohzirkus der KEP-kurier,express,pakete-branche würde ohne selbstausbeutung und mitarbeiterverarsche der kleinunternehmer und systemanbieter keine schwarzen zahlen schreiben.

     

    das übliche heulen und zähneklappern mit pleite der hoffnungsvollrn startups,wird nach ner weile dazu führen,daß sich über zusammenarbeit netze bilden werden und vernunft einkehrt.wenn dann jedoch noch der adac und post ihre subunternehmer auf den markt und die kundschaft loslassen wirds recht bitter oder glaubt jemand dran,daß diese kooperation adac-post in die arbeitsplatzverantwortung verbunden mit allen arbeitnehmerrechten der beiden großunternehmen einsteigt