■ Kommentar: Verhindern statt verbieten
Wenn sich die bündnisgrüne Fraktion nach den Ereignissen in Hellersdorf und im Vorfeld der geplanten Neonaziaufmärsche am 1. Mai nun plötzlich für ein Verbot rechter Demos ausspricht, ist das auch ein Zeichen für die Defensive, in die die Organisatoren linker Gegendemonstrationen geraten sind. Vor allem im Zusammenhang mit dem Aufmarsch der Wehrmachtsfans in München wurde denjenigen, die eine Gegendemo in räumlicher Nähe zu den Ewigdeutschen abhalten wollten, der Vorwurf gemacht, Weimarer Verhältnisse herbeizuführen. Statt diesem Vorwurf offensiv entgegenzutreten, treten die Grünen nun die Flucht nach hinten an. Den unausgesprochenen Konsens – Neonazidemos gemeinsam mit aktiven Antifa-Gruppen durch Gegendemonstrationen zu verhindern – zugunsten einer Verbotsforderung aufzukündigen, heißt nicht nur, den Nazis im Zweifel die Straße zu überlassen, sondern auch der Polizei die Definitionsmacht darüber, wer demonstrationsfähig ist und wer nicht. Diejenigen, die sich nicht auf den „polizeilichen Antifaschismus“ verlassen wollen, wären zudem politisch isoliert. Hätten – im Falle einer verbotenen Nazidemo – in Hellersdorf nur Antifas, nicht aber auch Grüne und PDSler gegen die „Jungen Nationaldemokraten“ demonstriert, wäre es für Law- and-order-Politiker sehr viel einfacher gewesen, die Rede von den Weimarer Verhältnissen im Sinne einer Kriminalisierung der Gegendemonstranten zu instrumentalisieren. Uwe Rada
siehe Bericht Seite 22
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