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Vergewaltigungen in IndienAls Opfer nicht ernstgenommen

Viele Vergewaltigungsopfer in Indien kämpfen mit den Folgen der Tat – und gegen die Polizei. Auch wenn Ausländerinnen beteiligt sind, gibt es selten Gerichtsurteile.

Junge InderInnen protestieren dagegen, dass viele Landsleute die Augen vor Misshandlungen von Frauen verschließen. Bild: dpa

DELHI taz | Ausländische Touristinnen, die eine Reise in Indien planen, sollten sich besser nach dem Geschlechterverhältnis in einer Region erkundigen, um nicht das Risiko einer Vergewaltigung einzugehen. Das schien die Auffassung der indischen Polizei zu sein, nachdem am Freitagabend eine Schweizer Touristin und ihr männlicher Begleiter von sieben Männern überfallen wurden. Mittlerweile wurden sechs Verdächtige festgenommen.

Die Tat erinnert an die tödlich endende Vergewaltigung einer 23-jährigen Medizinstudentin in Delhi im vergangenen Dezember, bei der sich ebenfalls eine Gruppe Männer zusammengetan hatte. Danach hatte es in Delhi zahlreiche Proteste gegeben, worauf die Regierung die Strafe für Vergewaltiger verschärfte.

Ob die Gefahr speziell für Ausländerinnen in Indien vergleichsweise groß ist, lässt sich schwer sagen. Viele Einzelfälle sind bekannt: Im letzten Jahr wurde eine Spanierin in Mumbai zum Opfer, davor eine junge Niederländerin auf der Rikscha in Delhis Vorort Gurgaon, schon vor längerer Zeit eine Schweizerin auf einem Parkplatz in Delhi.

Keiner dieser Fälle wurde jedoch polizeilich länger verfolgt und vor Gericht abgeschlossen, weil die Opfer meist schnell das Land verließen und nicht zum Prozess erschienen. Für die Täter ist das eine feine Sache. Wer bisher eine Ausländerin in Indien vergewaltigte, kam in aller Regel ungestraft davon.

Allerdings ist es ein Novum, dass eine Ausländerin in einer ländlichen Gegend wie dem Norden Madhya Pradeshs Opfer einer Vergewaltigung wurde. Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist auf dem Land zwar weit verbreitet, aber meist nur innerhalb der eigenen Dorfgemeinschaft oder Familie. Hier sind die Täter vor polizeilicher Verfolgung weitgehend geschützt. Außenstehenden oder Touristen passiert vergleichsweise selten etwas.

Immer mehr Gewaltopfer

Gleichwohl könnten sich auch in ländlichen Gegenden die Dinge zum Schlimmeren wenden. Der Hinweis der Polizei von Madhya Preadesh auf das unausgeglichene Geschlechterverhältnis spielt dabei eine große Rolle: Gerade in den armen Regionen werden immer relativ weniger Mädchen geboren. Und immer mehr Frauen sterben früher an den Folgen von Gewalt und Diskriminierung. Damit aber droht ein Teufelskreis.

Viele Soziologen behaupten, dass Frauenmangel auf die Dauer zu höherer Gewaltbereitschaft unter Männern führt. Für die Schweizer Touristin kam es auch nach ihrer Vergewaltigung noch schlimm: Niemand in der Nähe sprach Englisch. Später fand die Polizei keine Frauenärztin, die sie untersuchen konnte. Zum Schein hielt man 13 Kriminelle fest, die mit der Sache nichts zu tun hatten.

Auch das passiert Frauen in Indien immer wieder: Sie werden als Opfer sexueller Gewalt von der Polizei nicht ernst genommen. Erst am Sonntag, nach einem Aufschrei der Medien und der Schweizer Botschaft, verhaftete die Polizei die sechs Tatverdächtigen.

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12 Kommentare

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  • K
    Kathrin

    @ Sarahs Vater

    Das war ja sicher ironisch gemeint, oder?

    Wenn Frauen womöglich noch für die Vergewaltigung verantwortlich gemacht werden, entehrt sind - das ist nicht gerade der Inbegriff von Humanität (abgesehen von dem Missbrauchsfällen in der Familie, oder sind sie da anderer Meinung.

    s. auch http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Afghanistan/amnesty-frauen.html

  • L
    Lars

    Männer* sollten aufstehen, weil dies ein Gesellschaftliches Problem ist, welches uns damit genauso viel angeht wie Frauen*.

     

    Das hat nichts zu tun mit Schuld oder Mitschuld (auch wenn ständiges Wegsehen oder wie hier relativieren auch ein Problem ist), sondern weil es uns doch einfach etwas angeht!

     

    Das bedeutet auch weder, das andere Ungerechtigkeiten nicht auch eine Relevanz haben, jedoch spielt bezüglich des Patriarchats der Mann* als zwangsweise dominanter Part (nämlich als Gesellschaftlich akzeptierter) schon eine Relevante Rolle.

     

    Und ehrlich, Gerd, Kotzen dich solche Geschichten nicht auch an? Oder die von der siebzehnjährigen in den USA, wo sich die Vergewaltiger noch mit Videos brüsten, was ja nur funktioniert in einer Gesellschaft die Männlichkeit über Dominanz definiert?

     

    Da muss doch irgendwann auch das Männer*herz #aufschrei en und sagen, jetzt ist mal gut?

     

    Und, wir haben hier genau die gleichen Probleme wie in Indien, den USA oder sonstwo. Natürlich gilt es vor der eigenen Tür zu kehren, siehe allein schon hier die Kommentare, "das hätte ihr doch klar sein müssen"... da stecken wir doch schon mitten drin in einer Handfesten Fehlargumentation.

     

    Aber na, es ist scheinbar einfacher die eigene Verantwortung durch Aufzählung anderer Mißstände zu ignorieren. Kann ich verstehen, ist bequem.

     

    Meiner Hoffnung habe ich ja vorher schon Ausdruck verliehen. Ich werde nicht aufhören damit, Veränderung einzufordern.

     

    (* als Ausdruck der Ablehnung heteronormativer Bedeutungsnorm der Zweigeschlechtlichkeit, oder ohne Schwurbelsprech: Schubladen zu! Lasst uns endlich mal Postgender denken und postpatriarchat sein. Ohje Überforderung der Durchschnittsleserschaft? - ich bin raus!)

  • G
    gerd

    Warum sollen "die Männer" aufstehen? Weil sie verantwortlich sind? Ja sicher, das suggeriert die feministische Propaganda, ist aber nicht der Fall. Ihc habe mit einem Vergewaltiger genauso viel zu tun wie mit einer Kindsmörderin.

     

    Da Deutschland offensichtlich nix mehr her gibt, muss man jetzt im Ausland nach Tätermännern suchen, damit man immer und immer wieder auf Menschen mit den gleichen unverschuldeten Eigenschaften einprügeln kann, Anklage gegen sie erheben und vorwurfsvoll schmollen kann: Warum steht ihr nicht auf?

     

    Aber mal was anderes: Warum sitzt eigentlich ein unschuldig der Vergewaltigung beklagter, dessen "Opfer" quietschfidel ist, 5 Jahre im Gefängnis, während eine Kindsmörderin, deren beiden Kinder ganz und wirklich tot sind, nur 4 Jahre? Das ist kein Skandal, da Opfer und Täter das falsche Geschlecht haben.

  • L
    Lars

    Ich bin es leid, diese Berichte zu lesen, von vergewaltigten, gequälten, benachteiligten Frauen, die sich wiederholen in Gewalttaten gegen Homosexuelle und andere Minderheiten, und die lediglich auf der ewigen Manifestation des Patriarchats quer durch die gesamte sog. "zivilisierte" Welt beruhen.

     

    Ich wünsche mir dringend das endlich auch die Männer, die, die behaupten zu den guten zu gehören, konsequent aufstehen und dieser Scheiße das wohlverdiente NEIN ins Gesicht schreien.

     

    Nie wieder möchte ich lesen "wer in diese Region fährt", "wer diesen Rock trägt", gar "wer so blöd ist für seine Meinung einzustehen".

     

    Es reicht. Hoffentlich wachen demnächst ein paar Menschen auf und begreifen, dass es so nicht weitergehen kann.

     

    Und das ist auch kein Nebenwiderspruch, der sich irgendwann von selbst auflöst wenn das "falsche" System "endlich abgeschafft" wird. *Yikes*

  • C
    Cathrin

    Aber dfas ist doch icht überraschend, dass eine Frau nach einer Vergewaltigung nicht ernst genommen wird.

    Das passiert doch übrall auf der Welt, dass Frauen sich rechtfertigen müssen wenn sie Opfer geworden sind. Meist wird ihnen gesagt sie seien selber Schuld und hätte das doch alles gewollt - Strauss-Kahn, Kachelmann aund andere lassen grüßen

  • I
    ion

    Es gehört schon eine gewisse Borniertheit dazu, Indien als (single-) Pärchen mit Fahrrädern zu bereisen und in offener Pampa (abseits jeglicher Siedlung-en) einfach mal ein Zelt aufzuschlagen, um zu kampieren – insbesondere nach den themenkontextuellen Indien-Meldungen der europäischen Presse/Medien der vorlaufenden Wochen/Monate.

    Und die "Reisehinweise Indien" des EDA (Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten)

    http://www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad/hidden/hidde2/india.html#0009

    beinhalten n.a. auch sehr dezidierte Warnungen, dort heißt es z.B. sogar: „Von nächtlichen Überlandfahrten wird in jedem Fall abgeraten“; wohlverstanden: in einem Kfz!

  • A
    aujau

    Frauen sind auch bei groesserem Anteil an der Bevölkerung nicht vor Gewalt geschützt, siehe u. a. Lateinamerika.

  • I
    ira

    So leid einem solche Vergewaltigungsopfer tun können -... wer jetzt noch als Rucksacktouristin (auch in männlicher Begleitung) durch Indien reisen will , die muß schon mit dem bekannten Klammerbeutel gepudert sein .

  • M
    Matilda

    Pragmatisch. In Deutschland macht man sich den unnötigen Aufwand, Vergewaltiger erst festzunehmen und schuldig zu sprechen, bevor man sie straflos laufen lässt.

  • I
    Indien

    Wer mal abseits der üblichen Propaganda sich ein differenziertes Bild machen möchte:

    > http://genderama.blogspot.de/search?q=indien

  • M
    miri

    Im Klartext, Frauen, bleibt weg. Darum ist es in dem Tourismus-Werbespot ja auch ein Mann, der durch Indien backpackt -- "Incredible India"!

  • SV
    Saras Vater

    Ich danke Allah, dass ich Musslim bin und, dass sowas in islamischen ländern nicht passiert: Vergewaltigung von Kindern usw. gibt es kaum in der Islamischen Ländern, die keine Terror oder Gewaltländer sind sondern sie kämpfen gegen die Newkolonialisten, die für Rohstoffraub Al-quida erfunden haben wenn nicht dann übertreiben...Iraq, Mali, Soudan, ganze Afrika in der Hand von Scheiss Franzosen.