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Vergewaltigungen im Ost-KongoUN schaute Hutu-Milizen zu

Die Angriffe ruandischer Hutu-Milizen erstreckten sich über 13 Dörfer. Die UN blieb angesichts der Massenvergewaltigungen von mindestens 179 Frauen untätig.

FDLR-Milizen in einem Wald im Ost-Kongo. Bild: reuters

Die Affäre um das Nichteingreifen der UNO bei Massenvergewaltigungen von mindestens 179 Frauen durch ruandische Hutu-Milizionäre im Osten der Demokratischen Republik Kongo Anfang August weitet sich aus. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon ließ am Dienstagabend in New York durch seinen Sprecher verkünden, er sei "bestürzt" über den Vorfall und haben den für Friedenssicherung zuständigen Untergeneralsekretär, Atul Khare, in den Kongo geschickt. Die UN-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konfliktgebieten, Margot Wallström, werde den weiteren UN-Umgang mit der Affäre koordinieren. Ban marginalisiert damit die UN-Mission im Kongo (Monusco), deren Untätigkeit bei den Vorfällen breite Kritik hervorgerufen hat.

Die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) hatte zwischen dem 30. Juli und 4. August bei einer Offensive in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu den Ort Luvungi sowie andere Dörfer in der Nähe besetzt gehalten. Nach ihrem Abzug tauchten bei Gesundheitszentren und Hilfswerken immer mehr vergewaltigte Frauen auf. Die US-Organisation IMC (International Medical Corps) bestätigte 179 teils sehr brutale Vergewaltigungsfälle. Ein 25 Soldaten starkes UN-Kontingent, das in der Nähe stationiert war, unternahm nichts gegen die Vergewaltigungen, ging weder gegen die FDLR-Offensive noch gegen die FDLR-Straßensperren vor und wurde auch nicht verstärkt.

Ahnungslose Blauhelme?

Das habe daran gelegen, dass die FDLR die Zivilbevölkerung daran gehindert habe, die Straße überhaupt zu erreichen, behauptete Ban Ki Moons Sprecher. Die UN-Soldaten seien weder von der Bevölkerung noch von den Behörden über die Vergewaltigungen informiert worden. Hilfswerke, die in das Gebiet vordrangen, hätten die Monusco-Führung in der Provinzhauptstadt Goma am 12. August benachrichtigt. Die Monusco habe am Folgetag ein "Joint Protection Team" in das Gebiet geschickt.

Ein Lagebericht des in der Region tätigen Hilfswerks "Heal Africa" vom 18. August, der der taz vorliegt, nennt im Einzelnen 13 Dörfer und Orte, darunter das Verwaltungszentrum Mpofi, die im fraglichen Zeitraum von der FDLR besetzt worden seien. "Heal Africa" zählte 165 "Überlebende sexueller Gewalt" sowie drei männliche Folteropfer. Die Gesundheitszentren des Gebietes seien nicht geplündert worden, hätten aber Bedarf an medizinischen Gütern zur Behandlung der Opfer.

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10 Kommentare

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  • C
    Cathrin

    Es ist immer einfach der uN den scjwarzen Peter zuzuschieben. Tatsächlich benehmen sich die Blauhelme immer mal wieder daneben - siehe srebrenicza, Libanon etc.

    Allerdings kann eine Blauhelm-Truppe auch nur so gut sein wie ihre Einzelnen Menschen. Und in keinem Land dieser Erde ist die Geschlechtergerechtigkeit verwirklicht. Wichtig wäre es hier nicht die Schuld bei den 25? Menschen zu suchen, die sicherlich überfordert gewersen wäre, sondern zu sehen was kann in Den Haag angeklagt werden. Massenvergewaltigungen können als Kriegsverbrechen dort verhandelt werden.

    Ansonsten wäre es auch eine schöne Frage wer denn an diesem eldengien Gemetzel im Kongo verdient. Da könnte es auch ganz schnell ein Skandal der europäischen und amerikanischen globalen Industrie werden. Denn die brauchen die Rohstoffe und es ist Ihnen ziemlich egal wie sie da dran kommen.

    Also bitte nicht immer nur an eine unterfinanzierte UN abarbeiten - hat die USA denn nun ihren vollen Teil bezahlt oder halten sie immer noch Geld zurück?

  • C
    Chris

    Es wurden ja nur Frauen und Kinderleben zerstoert ..bloss nichts dagegen tun...

  • B
    Bernd

    Viele Worte zu sagen erübrigt sich eigentlich,da mehr zu erwarten als Untätigkeit, die UN überfordern würde!!!

  • TH
    Thorsten Haupts

    Tja. Hätte die UN Truppe eingegriffen und wäre es dabei zu auch nur einem unschuldigen Opfer gekommen (in solchen Situationen absolut unvermeidbar), lautete die Eingangszeile des Artikels jetzt: "Affäre um Eingreifen der UN Schutztruppe weitet sich aus". Nach dem alten Motto pazifistischer Linker: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Und letztlich ist es für Truppen unter internationalem Mandat immer sicherer, nicht einzugreifen. Das wissen sie - und verhalten sich entsprechend.

  • HS
    Herr Schmidt

    Der Osten Kongos wird so lange instabil bleiben und durch marodierende Banden geknechtet werden, so lange die Akteure vor Ort durch illegalen Raubbau der Mineralien (z.B. Coltan und Gold)und der Wälder sich unendlich bereichern. Insbesondere den Machthabern der Region (Kagame, Museveni und Kabila) und ihren "Getreuen" spült diese unkontrollierte Situation unmengen an Geld in die Taschen, welches sie für ihre jeweiligen Zwecke mißbrauchen.

    Da also kein Wille zur Stabilisierung in der Region vorhanden ist, würden auch keine 50.000 UNO-Soldaten in diesem riesigen und unwegsamen Gebiet, ohne adequate Kommunikationswege, für ausreichende und flächendeckende Sicherheit sorgen können.

    Daher ist es m. E. zu einfach, den "Schwarzen Peter" nur der UNO unterzuschieben, auch wenn die UNO in der Vergangenheit in der Region (z.B. Genocid Ruanda) verbrecherisch weggeschaut hat.

  • W
    Wolfgang

    Hat die UN in Jugoslawien nicht auch weggeschaut?

  • V
    vic

    Das ist also eines der Einsatzgebiete unserer künftigen Profi-Army.

    Neben der Ressourcen-Okkupation im Dienste der USA, in fernen Ländern im Dienste der UN beim Morden und Vergewaltigen zusehen.

  • S
    Stefan

    Die UN-Truppen sind doch harmlose Pfeifen. Ob UNIFIL im Libanon (wo sie sich kürzlich der Komplizenschaft bei der Ermordung eines hohen israelischen Offizierz schuldig machten) oder sonstwo. Entweder fehlt das Mandat oder der Wille. Nette Beobachter-Combo.

  • W
    werkor

    Ts, ts, zs. Bei ISO 9001-zertifizierten Kriegen sollte das ja wohl nicht mehr passieren. Vielleicht sollte ein internationales Gremium die Zertifizierung entziehen.

  • F
    Fawkrin

    Wären die Hutus Muslime, so ständen hier Dutzende Kommentare, welche in der Religionszugehörigkeit, nämlich muslimisch, sowie in der Kulturzugehörigkeit, nämlich nicht-westlich, die Ursachen für die Vergewaltigungen sehen wollten.

    Da die Hutus vermutlich christlich sind, fehlen natürlich die Beiträge aus der antimuslimschen Szene.

    Was ja auch klar ist, denn dieser Szene geht es weder um die Etablierung von Menschenrechte noch um irgendwelche Rechte für Frauen...