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Verfressene Gänse in Schleswig-HolsteinNonnengänsen geht es an den Kragen

Kommentar von Ben Reddig

Die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein macht Druck. Umwelt- und Landwirtschaftsministerium beantragten die Aufhebung des Schutzstatus der Vögel.

Nonnengänsen geht es gut hierzulande. Zu gut? Diese Tiere rasten auf der Insel Föhr Foto: dpa/Christian Charisius

D en Nonnengänsen in Schleswig-Holstein geht es wieder gut – eigentlich ein Anlass zur Freude. Nicht aber für die Land­wir­t*in­nen. Die Gänse, sagen sie, stellten eine massive wirtschaftliche Bedrohung für ihre Betriebe dar. Wie so oft knickte die Politik vor der Landwirtschaft ein. Das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium des Landes beantragten gemeinsam die Aufhebung des Schutzstatus der Vögel bei der EU.

Die Nonnengans, auch Weißwangengans genannt, besucht die Küsten Schleswig-Holsteins jeden Winter. Ihr anmutiges und einzigartiges Erscheinungsbild macht sie bei Touristen und Naturfreunden beliebt. Die Art galt einst als bedroht. Nachdem sie in den letzten Jahrzehnten unter Jagdschutz gestanden hatte, stieg die Population aber um rund zehn Prozent pro Jahr. Das freut Umweltschützer. Die Landwirtschaft aber beklagt, dass die Gänse ihren Tieren das Gras wegfressen würden. Der jährliche Schaden liegt laut Bauernverband Schleswig-Holstein bei rund acht Millionen Euro.

Die Klagen der Bauern und Bäuerinnen wurden von der schwarz–grünen Landesregierung mit offenen Ohren aufgenommen. Der grüne Umweltminister Tobias Goldschmidt fungiert in der Sache als zweiter Landwirtschaftsminister, auch wenn es für ihn „toll ist zu sehen, dass die Bestände sich so gut erholt haben“. Man müsse aber auch anerkennen, dass die Nonnengänse die Landwirtschaft vor große Herausforderungen stellten.

Der BUND in Schleswig-Holstein sieht die Bejagung sehr kritisch. Zur Vergrämung hätten die Tiere bereits auf Antrag abgeschossen werden dürfen. Den Jagdschutz nun komplett aufzuheben sei deshalb überflüssig, vor allem weil es Alternativen gebe: „Wir haben vorgeschlagen, Duldungs- und Vertreibungsgebiete einzurichten“, sagt Carl-Heinz Christiansen, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Schleswig-Holstein. „Die Landwirte in den Duldungsgebieten hätten natürlich eine ausreichende Entschädigung erhalten.“ Es sei nicht einmal festgelegt worden, wie hoch der Mindestbestand an Nonnengänsen in Schleswig-Holstein sein solle, beklagt Christiansen.

„Nicht vermittelbar“

Über die letzten Jahrzehnte hätten sich die Nonnengänse sehr an Menschen gewöhnt und würden weniger Abstand zu ihnen halten. „Für Naturtouristen ist das natürlich toll“, sagt Christiansen. Durch die Jagd würden die Tiere sich wieder mehr vom Menschen entfernen. „Eine massive Jagd dürfte an einem Nationalpark Wattenmeer einer sensiblen Öffentlichkeit mit vielen Naturtouristen, die auch wegen der Gänseschwärme kommen, nicht vermittelbar sein“, prognostiziert der BUND.

Zudem würden die Gänse durch die Jagd sehr gestresst werden, was auch zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme führen könnte – ein Effekt, der den Land­wir­t*in­nen nicht gefallen dürfte.

Den Jagdschutz der Nonnengänse aufzuheben, wäre ein fatales Signal, so der BUND. Wieder einmal würden Profitinteressen über Naturschutz gestellt und die Agrarindustrie bevorzugt. Aber Menschen, die sich am Anblick von zutraulichen Gänsen erfreuen, haben, wie die Tiere selbst, eben keine Lobbymacht.

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