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Verfolgung von NS-KriegsverbrechernVom Tod geholt

Ein mutmaßlicher KZ-Wachmann ist in den USA kurz vor seiner Auslieferung nach Deutschland gestorben. Er war Mitglied der Waffen-SS und Aufseher in Auschwitz.

Auschwitz, Breyers Einsatzort: hier beim „Marsch der Lebenden“. Bild: dpa

NEW YORK afp | Vor einer Auslieferung nach Deutschland ist ein 89-jähriger mutmaßlicher KZ-Wachmann in den USA gestorben. Der gebürtige Tschechoslowake Johann Breyer sei am Dienstagabend in einem Krankenhaus in Philadelphia verstorben, sagte dessen Anwalt Dennis Boyle.

Der Tod wurde bekannt, kurz nachdem ein US-Gericht am Mittwoch dem Auslieferungsantrag der Bundesrepublik stattgegeben hatte. Die deutsche Justiz warf dem 89-Jährigen Beihilfe zur Ermordung hunderttausender Juden im Konzentrationslager Auschwitz vor.

Breyer war im Juni in Philadelphia festgenommen worden und wartete seitdem auf die Entscheidung über seine Auslieferung. Wegen der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wurde er am Wochenende vom Gefängnis ins Krankenhaus verlegt. Nach Angaben seines Anwalts litt Breyer an Demenz und Herzproblemen. Die genaue Todesursache war zunächst nicht bekannt.

Die Staatsanwaltschaft Weiden in der Oberpfalz hatte im Jahr 2012 ein Ermittlungsverfahren gegen Breyer eingeleitet. Sie warf ihm vor, als Wachmann in Auschwitz im Jahr 1944 an Kriegsverbrechen teilgenommen zu haben.

Die letzten Verbrecher

Breyer räumte ein, als 17-Jähriger Mitglied der Waffen-SS geworden zu sein, bestritt aber eine Beteiligung am Massenmord in Auschwitz. Seinen Angaben zufolge diente er in der Nähe des Konzentrationslagers in der Feldartillerie der Waffen-SS und desertierte später von der Einheit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Breyer, der als Sohn einer Amerikanerin in der Tschechoslowakei zur Welt gekommen war, in die USA. Seit Anfang der 1950er Jahre lebte der frühere Werkzeugmacher in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania.

In den vergangenen Jahren bemühte sich die Justiz in Deutschland und anderen Ländern verstärkt, die letzten mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen. Der bekannteste Fall war der des aus der Ukraine stammenden KZ-Wächters John Demjanjuk.

Demjanjuk war 2009 aus den USA ausgeliefert und im Jahr 2011 in München wegen Beihilfe zum Mord an 20.000 Menschen im Konzentrationslager Sobibor zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Er starb im März 2012 im Alter von 91 Jahren in einem Pflegeheim.

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