Verfeindete Fans im DFB-Pokal: Fünf Tore und viele Schmähungen
Der FC St. Pauli erreicht im DFB-Pokal mühelos die zweite Runde. Im Vorfeld sorgte ein Kampfsporttraining von Gegner Atlas Delmenhorst für Ärger.
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Die Erfolgsaussichten gegen den drei Klassen höheren FC St. Pauli waren von vornherein überschaubar – und so verschafften sich die Delmenhorster ihr Erfolgserlebnis schon vor dem Spiel. Sie wichen nicht wie vor vier Jahren beim Pokalspiel gegen Werder Bremen ins Bremer Weserstadion aus, sondern installierten mit viel Aufwand Vorrichtungen für Zuschauer, VIPs und TV-Kameras. So konnte die Partie gegen die Hamburger trotz strenger Auflagen in der Heimspielstätte im Delmenhorster Stadtteil Düsternort stattfinden.
Die in Abneigung miteinander verbundenen Fanblöcke beider Teams waren so weit auseinandergelegt worden, dass sie die verbalen Schmähungen der jeweils anderen Seite kaum vernehmen konnten. Die 750 St.-Pauli-Anhänger teilten zusätzlich auf einem über die Länge ihres Blockes reichenden Transparent mit, was sie vom Gastgeber hielten. „Euer einziger Kult sind eure Nazis – Atlas abschaffen.“
Kampfsport bei rechtem Trainer
Hintergrund für diese Attacke waren unter anderem Berichte über ein Kampfsporttraining, das die Atlas-Mannschaft Ende Juli bei einem Trainer absolviert hatte, der Kontakte in die rechtsextreme Szene haben soll. Ein Foto des Trainings war in den sozialen Netzwerken aufgetaucht und vom „MillernTon“, einem mit der St.-Pauli-Fanszene verbundenen Blog und Podcast, veröffentlicht worden.
Nach Angaben der Nordwest-Zeitung bestätigte die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus und für Demokratie in Niedersachsen, dass sowohl der Trainer als auch die Kampfsportschule Verbindungen zur extremen Rechten hätten. Mehrere Neonazis hätten in der besagten Kampfsportschule trainiert.
Am Tag des Trainings wurde zu keiner Zeit eine „Ansprache einer politischen Ausrichtung erkennbar“, heißt es in einer Stellungnahme des SV Atlas Delmenhorst. „Selbstverständlich nehmen wir diese Wortmeldungen ernst und werden zukünftig noch kritischer derartige Maßnahmen überprüfen.“
Trotz des Vorwurfs und der begrenzten Zuschauerzahl von 4.999 stimmte die Atmosphäre von Beginn an. Diese beflügelte die Heimelf, die sich nach der Abstiegssaison mit jeweils 16 Ab- und Zugängen komplett neu aufgestellt hatte, zu einer lauf- und kampfstarken Defensivleistung. Dennoch hatten sie es hauptsächlich ihrem vom benachbarten Bremer SV gekommenen Torwart Damian Schobert zu verdanken, dass es bis zur Halbzeit beim knappen 0:1 durch einen Freistoßtreffer von St. Paulis Innenverteidiger Eric Smith blieb.
Slapstick-Einlage zur Entscheidung
„Wenn gleich der Ausgleich fällt, ist hier die Hölle los“, hoffte in der Pause ein Zuschauer beim Kaffeestand im VIP-Zelt. Fast wäre dies tatsächlich eingetreten, doch der Atlas-Außenstürmer Shamsu Mansaray scheiterte kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit nach einem Konter aus kurzer Entfernung an St.-Pauli-Keeper Sascha Burchert, der den Vorzug vor Stammtorwart Nikola Vasilj bekommen hatte.
Zehn Minuten später war es dann ausgerechnet der gute Atlas-Torwart, dessen Slapstick-Eigentor zum 0:2 die Dämme brechen ließ. Die Hamburger, die vorher eine Vielzahl schön herausgespielter Chancen nicht genutzt hatten, erhöhten bis zum Schlusspfiff ohne viel Mühe auf fünf Tore.
Nicht so gut lief es für Hannover 96, Eintracht Braunschweig und Werder Bremen: Alle schieden in der ersten Runde aus – Bundesligist Werder gegen den Drittligisten Viktoria Köln. Der Hamburger SV musste gegen Essen in die Verlängerung und schaffte gerade so den Einzug in die zweite Runde. Holstein Kiel und der VfL Wolfsburg gewannen ebenfalls.
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