: Verfehlte Steuerpolitik
betr.: „die anderen über ver.di-streik und föderalismusreform in deutschland“, taz vom 11. 3. 06
Es ist schon armselig, wie die kommunalen Arbeitgeberverbände versuchen, ihre Geldprobleme über die Heraufsetzung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst, also über Personalabbau zu regeln.
Das Gegenteil wäre nötig: Arbeitszeit verringern statt sie anzuheben. Der Staat müsste den Arbeitgebern der Wirtschaft hier mit gutem Beispiel vorangehen und durch die Einführung der 35-, besser noch 30-Stunden-Woche Arbeitsplätze in großem Stil schaffen. Arbeit (im Jugend-, Alten-, Bildungs-, Kulturbereich etc.) gibt es schließlich genug. Dass das auch möglich ist, zeigt ein Blick auf die verfehlte gegenwärtige Steuer- und Abgabenpolitik von Bund und Ländern:
Die Vermögenssteuer (Ländersteuer), in allen EU-Ländern üblich, muss wieder eingeführt werden. Bei 5 Prozent machte das 80 Milliarden Euro/Jahr. Die Erbschaftssteuer, ebenfalls eine Ländersteuer, in Deutschland besonders niedrig, muss erhöht werden, macht mindestens 10 Milliarden Euro/Jahr. Die Spitzensteuersätze, 1998 noch bei 53 Prozent, heute bei 42,5 Prozent, müssen wieder auf 53 Prozent angehoben werden. An den Steuersätzen sind die Länder beteiligt. Macht 25 Milliarden Euro/Jahr und betrifft diejenigen, die mehr haben, als sie zum Leben benötigen.
Die Gewerbesteuer, Ländersteuer, muss wieder erhöht werden. Deutschland ist mit der Senkung seiner Steuern keineswegs dem Globalisierungsdruck gefolgt; vielmehr ächzen andere europäische Länder unter den niedrigen Steuersätzen in Deutschland. Deshalb ist auch Deutschland Exportweltmeister, und nicht ein anderes Land der Welt.
Die Aktiensteuern müssen erhöht werden. Für einen Großteil des Arbeitslosenelends sind Aktionäre verantwortlich. Steuerhinterziehung und Steuerflucht müssen konsequent unterbunden werden; hierfür ist die Zahl der Betriebsprüfer in Finanzämtern massiv zu erhöhen. Jeder Betriebsprüfer „erwirtschaftet“ 1 Million Euro/Jahr über sein eigenes Gehalt hinaus. Dennoch herrscht hier chronischer Personalmangel, und das in Zeiten der Arbeitslosigkeit. Vor allem müssen die geltenden Steuergesetze überhaupt angewandt werden. Nach Angaben von SPD-Politikern gäbe es schon dann für die öffentliche Hand keine Finanzierungsprobleme mehr, wenn das Steuerrecht umgesetzt würde. All dies ergibt ein Mehr an Steuereinnahmen von etwa 200 Milliarden Euro/Jahr, Geld genug, die Arbeitszeit im öffentlichen Dienst zu verringern, Arbeitsplätze zu schaffen, zu investieren und Schulden abzubauen. GLORIA DOHM, Göttingen