Verfassungsklage gegen Euro-Rettung: Urteil zu Euro-Hilfen im September
Kläger monieren bei der Euro-Rettung die Entwicklung einer europäischen "Haftungs- und Transfergemeinschaft". Das Gericht könnte eine stärkere Einbindung des Bundestages fordern.
KARLSRUHE dapd | Das Bundesverfassungsgericht wird am 7. September sein Urteil zum Euro-Rettungsschirm und den milliardenschweren Griechenland-Hilfen Deutschlands verkünden. Das teilte das Gericht am Dienstag in Karlsruhe mit.
Der Zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle entscheidet darüber, ob Deutschland mit seiner Beteiligung am Euro-Rettungsschirm und mit seinen bilateralen Griechenland-Hilfen Vorgaben des Grundgesetzes verletzt hat.
Es geht vor allem darum, ob das Haushaltsrecht des Bundestages wegen der gigantischen Garantiesummen für pleitebedrohte Euro-Länder ausgehöhlt wird. In der mündlichen Verhandlung am 5. Juli hatte sich angedeutet, dass das Verfassungsgericht eine stärkere Einbindung des Bundestages bei der Vergabe von Bürgschaften und Krediten fordern könnte.
"Vorkehrungen" und "Sicherungen"
Gerichtspräsident Voßkuhle sah es als offene verfassungsrechtliche Frage an, ob "Vorkehrungen" und "Sicherungen" notwendig seien, damit der Bundestag seine Haushaltsverantwortung dauerhaft behält. Zudem ging es darum, ob eine "absolute Grenze" für die Höhe von Bürgschaften festgesetzt werden müsste und das Parlament jeweils zustimmen müsste, wenn einzelne Tranchen bewilligt werden.
Das mit Verfassungsbeschwerden angegriffene deutsche Gesetz zum Euro-Rettungsschirm vom Mai 2010 sieht vor, dass Deutschland mit maximal 147,6 Milliarden Euro haften könnte - und zwar mit Bürgschaften für Notkredite des Euro-Krisenfonds EFSF. Nach dem Gesetz zum ersten Hilfspaket für Griechenland vom Mai 2010 übernimmt Deutschland überdies Bürgschaften für Kredite der bundeseigenen Förderbank KfW an Griechenland in Höhe von 22,4 Milliarden Euro. Die erste Tranche für 2010 belief sich bereits auf 8,4 Milliarden Euro.
Gegen die beiden Gesetze klagen der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler und eine Professorengruppe um den emeritierten Nürnberger Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider, der sich der ehemalige Thyssen-Chef Dieter Spethmann angeschlossen hat.
Aus Sicht der Kläger entwickelt sich die europäische Währungsunion durch die Milliardenbeihilfe ohne ausreichende rechtliche Grundlage zu einer "Haftungs- und Transfergemeinschaft". Der Artikel 125 des Lissabon-Vertrages lege ausdrücklich fest, dass ein Mitgliedsland nicht für Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedsstaates hafte oder eintrete. Durch die milliardenschweren Hilfsmaßnahmen werde zudem die Stabilität des Euro gefährdet.
Am 21. Juli 2011 hatte ein Eurogipfel in Brüssel ein weiteres Griechenland-Rettungsprogramm beschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vermögensungleichheit und Bundestagswahl
Der Trump-Effekt
Energieversorgung in Deutschland
Danke, Ampel!
Seltene Erden für Militärhilfe
Fiese Erpressung
Netanjahu bei Trump in Washington
Trump will Kontrolle im Gazastreifen übernehmen
Trumps Pläne für Gaza
Ankündigung eines Jahrhundertverbrechens
Bundestagswahl
Sollten wir strategisch wählen?