Verfassungsgericht kippt Rauchverbot: Zigarette in der kleinen Kneipe erlaubt

Das derzeitige Rauchverbot in Einraumkneipen verstößt gegen die Verfassung. In kleinen Kneipen dürfen Gäste nun rauchen, solange es nichts Richtiges zu essen gibt.

Darf wieder aufgestellt werden, das (Nicht-)Raucherschild. Bild: dpa

KARLSRUHE taz In kleinen Bierkneipen darf zunächst wieder geraucht werden. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht. Das Urteil gilt unmittelbar in Berlin und Baden-Württemberg, hat aber Wirkung für alle Bundesländer außer Saarland und Bayern.

Konkret ging es um zwei Wirte aus Baden-Württemberg und Berlin. Uli Neu betreibt den Pfauen in Tübingen und Sylvia Thimm die Kneipe Doors in Prenzlauer Berg. Beide Gaststätten haben nur einen Raum. Das Ziel des Gesetzgebers, dass Nichtraucher in jeder Gaststätte mindestens einen rauchfreien Raum vorfinden müssen, führte bei ihnen zwingend zum totalen Rauchverbot. Sie beklagten deshalb Umsatzeinbußen von rund 30 Prozent.

Karlsruhe musste nun den Gesundheitsschutz für Nichtraucher mit der Berufsfreiheit der Kleingastwirte abwägen und entschied gestern zugunsten der Kneipiers. Wenn der Gesetzgeber Ausnahmen vom strikten Nichtraucherschutz für große Restaurants vorsehe, etwa indem er separate Raucherräume zulasse, dann müsse er auch die Interessen der Einraumkneipen berücksichtigen. Diese seien durch das Rauchverbot doppelt belastet. Zum einen sei unter ihren Kunden der Anteil der Raucher besonders hoch, zum anderen könnten sie nun mal kein Nebenzimmer für Raucher einrichten.

Ab sofort gilt nun eine Übergangsregelung. In kleinen Kneipen darf wieder geraucht werden, wenn sie fünf Bedingungen erfüllen: Die Gaststätte darf nur einen Raum haben, maximal 75 Quadratmeter groß sein, Kinder und Jugendliche müssen draußen bleiben und es dürfen keine "zubereiteten Speisen" angeboten werden. Zudem muss am Eingang ein Schild "Rauchergaststätte" angebracht werden. Für alle übrigen Gaststätten ändert sich nichts. Dort gilt weiter das grundsätzliche Rauchverbot, mit Ausnahme der abgetrennten Raucherräume.

Diese Übergangsregel gilt längstens bis Ende 2009. Spätestens dann müssen die Landtage neue Gesetze zum Nichtraucherschutz beschließen. Viele werden vermutlich die Karlsruher Zwischenlösung zur Dauerregel machen. Zulässig wäre aber auch die etwas strengere Klausel aus dem Saarland, wonach nur in "inhabergeführten" Kneipen geraucht werden darf. Pfauen-Wirt Uli Neu, der mehrere Aushilfen beschäftigt, würde davon zum Beispiel nicht profitieren.

Möglich wäre als Dauerregel aber auch ein generelles Rauchverbot in Gaststätten, so wie heute schon in Bayern. Zwar wären die kleinen Bierkneipen auch bei dieser Lösung in ihrer Existenz bedroht, das sei aber hinzunehmen, so die Richter, wenn sich der Landesgesetzgeber für einen strengen Gesundheitsschutz entscheide.

Die Karlsruher Entscheidung fiel mit 6 zu 2 Stimmen gegen die beiden eher linken Richter Brun-Otto Bryde und Johannes Masing. Sie hielten das Konzept von Berlin und Baden-Württemberg für in sich schlüssig und zulässig. Dagegen sei das von der Richtermehrheit akzeptierte totale Rauchverbot in Gaststätten, so Masing, eine unverhältnismäßige "Extremlösung".

In einem dritten Verfahren hatte gestern auch die Klage eines Disko-Betreibers aus Heilbronn Erfolg. Er wehrte sich dagegen, dass in Baden-Württemberger Tanzlokalen bisher überhaupt nicht geraucht werden darf. Künftig ist es auch hier möglich, separate Raucherräume einzurichten. Betroffen sind davon auch ähnliche Regelungen in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

(Az. 1 BvR 3262/07 u. a.)

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