piwik no script img

Verfahren vor Europäischem GerichtshofEU will gegen Maut vorgehen

EU-Kommissionschef Juncker zweifelt an der Durchsetzbarkeit der geplanten deutschen Maut. Ein Vertragsverletzungsverfahren sei möglich, sagt er.

Der EU-Kommissionspräsident ist mit der geplanten deutschen Maut nicht einverstanden. Foto: dpa

Berlin rtr/afp/dpa | Die EU-Kommission will gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Mautgesetzes eröffnen. Brüssel habe „erhebliche Zweifel“, dass das Gesetz das Prinzip der Nicht-Diskriminierung erfülle, sagte Kommissionschef Jean-Claude Juncker der Süddeutschen Zeitung. „Diese Zweifel muss die Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren klären, wenn nötig, vor dem Europäischen Gerichtshof“.

In Deutschland hatte die Maut Anfang Mai mit dem Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Das Vorhaben ist umstritten, da unter dem Strich nur Ausländer die Gebühr zahlen müssen.

Die Abgabe soll auf Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden. Deutsche Fahrzeughalter müssen automatisch eine Jahresvignette kaufen, die im Schnitt 74 Euro kosten wird. Sie werden aber in gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet. Da EU-Vertragsverletzungsverfahren meist länger als ein Jahr dauern, wird damit gerechnet, dass die Bundesregierung an ihrem Plan der Einführung der Maut 2016 festhält.

Die Grünen-Verkehrspolitikerin Valerie Wilms rechnet mit einem Erfolg für eine mögliche Klage. „Der Europäische Gerichtshof wird das Gesetz kippen“, sagte sie der Zeitung Die Welt. Dann gehe Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) als „der große Maut-Minister in die Geschichte ein, der die Maut nicht für Ausländer, sondern für alle eingeführt hat“.

Dobrindt gegen Pauschal-Kritik

Es sehe fast so aus, als ob Dobrindt es bewusst darauf abgesehen habe. „Das haben wir doch bei der Lkw-Maut alles schon erlebt. Die Abgabe wird eingeführt, die Verrechnungsmöglichkeit für die deutschen Autofahrer aber gekippt“, ergänzte die Grünen-Verkehrsexpertin.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wies die Bedenken der EU-Kommission gegen die geplante Maut zurück. „Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat haben Gesetze zur Infrastrukturabgabe beschlossen, die EU-rechtskonform sind“, sagte Dobrindt am Montag in Berlin. „Falls es aus Brüssel dazu Bemerkungen gibt, sollte die Kommission detailliert sagen, was ihr an den Gesetzen nicht gefällt. Pauschal-Kritik aus Brüssel ist nicht akzeptabel.“

Dobrindt sagte weiter: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland nicht möglich sein soll, während fast überall in Europa Mautgebühren bereits Realität sind.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Haltet die Druckerpressen an, die Überraschung ist perfekt.

    Wieder einmal wird ein Projekt unserer bajuwaren Splittergruppe von höherstehenden Gerichten angezweifelt und, machen wir uns nichts vor, auch kassiert.

    Wie kommt es, dass jedwede unionsgeführte Regierung den hoffnungslos in Selbstüberschätzung versunkenen Seehofers dieser Welt immer wieder zu Diensten ist, wenn es darum geht Projekte durchzuführen, bei denen jeder Jurastudent im zweiten Semester erkennt, dass man damit die rechtlichen Rahmen bestehender Verträge überschreitet?

    Vorratsdatenspeicherung? Klaro, machen wir. Oh, dürfen wir nicht und bringt nix? Das haben die anderen nur falsch gemacht, also ein paar Jahre später den gleichen Blödsinn nochmal versuchen! Herdprämie? Jau, volkswirtschaftlich und gesellschaftlich völlig unnütz, aber hey, sind wir dabei! Homoehe? Ach was, wir hinken dem gesellschaftlichen Weltbild einfach mal noch ein Jahrzehnt hinterher, mit pseudokatholischen Argumenten, die selbst in Spanien keine Rolle gespielt haben. Stromtrassen? Wir brauchen sowas nicht, bei uns kommt der Strom aus der Steckdose. Länderfinanzausgleich? Hat was mit Solidarität zu tun, gehen wir mal gegen an.

    Wann ignoriert endlich mal jemand diese Postmonarchen mit ihren blau-weißen Anfängernummern?

    • 6G
      68514 (Profil gelöscht)
      @David Arndt:

      Tja, die Seehofers dieser Welt werden noch als Steigbügelhalter gebraucht. Und es gibt noch genug Bazis, die an Seehofer&Co's Gesülz glauben. Deswegen steht einer Wiederwahl in Zukunft auch nichts im Wege. Und das ganze Gemache derzeit ist bei der nächsten Wahl im großen und ganzen vergessen. Deswegen hat's der Alex auch so eilig.

  • Fehlt dann nur noch, dass jede Person einen gleich hohen Steuerbetrag an den Staat abführen muss und dann ist den primitiven Gerechtigkeitsvorstellungen der CSU Rechnung getragen worden und die Bierdeckelsteuererklärung Wirklichkeit wird.

     

    Man hatte sich ja schon daran gewöhnt sich vorrechnen zu lassen, dass ein 2-Tonnen-PKW für seine Masse weniger Sprit verbrauchen würde als einer von 800 kg, also umweltverträglicher sei.