Verfahren gegen SS-Mann abgelehnt: Vorwürfe nicht nachweisbar
Das Landgericht Köln lehnt ein Verfahren gegen 89-Jährigen wegen mutmaßlicher Beteiligung am Massaker in Oradour-sur-Glane 1944 ab.
BERLIN taz | Der ehemalige Waffen-SS-Mann Werner C. wird wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an dem Massaker im französischen Oradour nicht vor Gericht gestellt. Das Landgericht Köln lehnte am Dienstag die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen den heute 89-Jährigen mit der Begründung ab, dem Rentner seien die Anklagevorwürfe wahrscheinlich nicht nachzuweisen.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund hatte C. wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, zusammen mit anderen SS-Männern mindestens 25 Menschen ermordet zu haben.
Weiterhin wurde ihm Beihilfe zum Mord an mehreren hundert Menschen zur Last gelegt, weil C. Absperr- und Bewachungsaufgaben übernahm oder Brennmaterial in die Dorfkirche trug, in der die zusammengetriebenen Frauen und Kinder anschließend bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Ein wichtiges Beweismittel war dabei eine Kompanieliste, auf der C.s Name verzeichnet ist.
Bei dem Massaker in Oradour-sur-Glane waren am 10. Juni 1944 insgesamt 642 Menschen von der SS ermordet worden, darunter 254 Frauen und 207 Kinder. Beteiligt daran waren etwa 120 Soldaten des SS-Panzergrenadierregiments „Der Führer“.
Der damals 19 Jahre alte MG-Schütze Werner C. hat in seinen Vernehmungen bestätigt, am Tag des Massakers in Oradour anwesend gewesen zu sein. Er bestritt aber jede Tatbeteiligung. „Keinen einzigen Schuss habe ich abgegeben“, sagte er. Diese Darstellung werde „mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln voraussichtlich nicht zu widerlegen sein“, begründete nun das Gericht die Ablehnung eines Prozesses.
Oberstaatsanwalt Andreas Brendel, der die Anklage vertrat, zeigte sich von der Entscheidung des Kölner Landgerichts „überrascht“. Er will nach Vorliegen der Entscheidung prüfen, ob er dagegen Beschwerde einlegt.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund – zuständig für NS-Verbrechen in NRW – prüft derzeit eine Anklageerhebung wegen Beihilfe zum Mord gegen einen Wachmann im Vernichtungslager Auschwitz, sagte Brendel der taz. Der heute 92 Jahre alte, in Ostwestfalen lebende Verdächtige habe zweieinhalb Jahre in Auschwitz verbracht. Ermittlungen gegen zwei weitere mutmaßliche Auschwitz-Wachmänner musste Brendel dagegen einstellen.
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