Verfahren gegen Oscar Pistorius: Prozessbeginn verzögert sich
Das Mordverfahren gegen Oscar Pistorius dauert länger. Ein Richter vertagte eine Anhörung, weil die Staatsanwaltschaft mehr Zeit für ihre Ermittlungen braucht.
PRETORIA afp | Das Verfahren gegen den unter Mordverdacht stehenden südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius zieht sich in die Länge. Bei einem Gerichtstermin am Dienstag in Pretoria vertagte der Richter die nächste Voranhörung auf den 19. August - es wäre der 30. Geburtstag von Pistorius' getöteter Freundin Reeva Steenkamp gewesen. Der 26-jährige Spitzensportler wird beschuldigt, das südafrikanische Model im Februar ermordet zu haben.
Pistorius betrat am Morgen den Gerichtssaal. Richter Daniel Thulare wandte sich an ihn und sagte: „Sie bleiben unter denselben Bedingungen (wie derzeit) auf freiem Fuß, die Angelegenheit wird auf den 19. August vertagt.“ Er ermahnte den Sportler, dass dieser inhaftiert würde, sollte er nicht zum nächsten Gerichtstermin erscheinen. Pistorius war gegen Kaution freigelassen worden.
Bislang handelt es sich um Voranhörungen, der eigentliche Prozess dürfte erst in Monaten beginnen. Mit der Verschiebung der nächsten Voranhörung gab der Richter einem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, die mehr Zeit für ihre Ermittlungen haben wollte.
Die Anklage wirft Pistorius vor, in der Nacht auf den Valentinstag in seinem Haus in Pretoria seine Freundin Reeva Steenkamp erschossen zu haben. Der beinamputierte Profisportler, der mit spektakulären Sprints auf Unterschenkelprothesen zum Star wurde, beteuert, dass es ein tragisches Versehen war.
Schwachstellen bei den Ermittlungen
Die Verteidigung argumentiert, dass Pistorius Geräusche in seinem Haus gehört habe, die er auf Einbrecher zurückführte. Er habe in seiner Angst durch die Toilettentür geschossen und nicht gewusst, dass sich Steenkamp hinter der Tür befunden habe. Die Staatsanwaltschaft hält dagegen, der Sportler habe genau gewusst, auf wen er geschossen habe. Die Schüsse seien die Folge eines Streits des Paares gewesen.
Die Anklage kämpft um die Glaubwürdigkeit ihrer Anschuldigungen, seitdem die Verteidigung ihr gleich in der Woche nach dem Mord Schwachstellen bei den Ermittlungen nachgewiesen hatte. Chefermittler Hilton Botha räumte vor laufenden Kameras Fehler ein.
Im März erlangte Pistorius' Anwalt Barry Roux Zugeständnisse bei den Bedingungen, unter denen sein Mandant frei ist. Seitdem darf sich Pistorius weitgehend frei bewegen, darf ins Ausland reisen und Alkohol trinken. Seine sportliche Karriere liegt jedoch auf Eis. Seine Sponsoren zogen sich zurück, und er verzichtete darauf, in diesem Jahr an Wettkämpfen teilzunehmen. Nach Angaben seines Managers Peet van Zyl trauert Pistorius: „Oscar schläft schlecht. Er isst schlecht“, sagte er dem Spiegel. „Er ist nicht da. Er weint oft.“
Am Montag hatte sich Pistorius' Familie über eine TV-Ausstrahlung von Tatort-Aufnahmen beschwert. Der britische Fernsehsender Sky News hatte am Freitag Fotos von dem blutverschmierten Badezimmer gezeigt, in dem Steenkamp erschossen wurde.
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