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Verfänglicher Facebook-PostJustiz ermittelt gegen AfD-Jugend

Selbstjustiz sei die neue Polizei, postete die Jugendorganisation der AfD auf Facebook. Nun wird geprüft, ob eine Straftat vorliegt.

Deutschland, eine Wild-West-Republik? Beim Countryfest im hessischen Lingelbach könnte man es fast glauben Bild: dpa

POTSDAM/BERLIN dpa/taz | Die Jugendorganisation der eurokritischen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist ins Visier der Brandenburger Justiz geraten. Grund ist ein Facebook-Post, wonach Selbstjustiz „die neue Polizei“ sei. Er habe die Staatsanwaltschaft beauftragt zu prüfen, ob eine Straftat vorliege, sagte Justizminister Helmuth Markov (Linke) am Donnerstag im Landtag in Potsdam.

Die „Junge Alternative für Deutschland“ betreibt auf Facebook intensiv Wahlkampf. Vor vier Tagen hatte sie einen Artikel der Welt verlinkt, in dem es um Bürgerwehren geht, die die „Verbrecherjagd“ selbst in die Hand nehmen, da sie sich von der Polizei nicht ausreichend beschützt fühlten. Darunter besagtes Plakat mit dem Slogan „Selbstjustiz ist die neue Polizei“. Die Erklärung? „Weil der Staat Kriminalität nicht in den Griff bekommt...“

Einen Tag später folgte ein Plakat, auf dem eine Frau mit Sonnenbrille und Gesichtsausdruck à la Matrix mit zwei Pistolen auf den Betrachter feuert. „Wenn der Staat seine Aufgaben nicht wahrnimmt, werden es ANDERE tun“, steht über ihr, und außerdem: „Kriminalität härter angehen!“ Weiter unten wird es dann noch konkreter: „Bei Aufklärungsquoten von 15,7% (Wohnungseinbruch) oder 24,7% (Sachbeschädigung) kann man nicht davon sprechen, dass der Staat seinen Aufgaben nachkommt. Eine stärkere Aufmerksamkeit und energisches Handeln sind gefordert, damit Deutschland nicht zur Wild-West-Republik verkommt.“

Mittlerweile rudert die „Junge Alternative für Deutschland“ zurück, hat den ersten Beitrag bearbeitet und ergänzt: „Ein paar politische Gegner haben den Artikel nicht gelesen und wollen das Plakat bewusst falsch verstehen. (...) Natürlich ruft die JA nicht zur Selbstjustiz auf. Das Plakat ruft ja nicht einmal zu irgendetwas auf. Im Gegenteil. Es wird nur kommentiert, dass Bürger inzwischen sowohl Selbstschutz als auch ggf. Selbstjustiz in die Hand nehmen werden, wenn der Staat nicht seinen Aufgaben nachkommt (...).“

Am Tag darauf legt die „Junge Alternative für Deutschland“ nochmal nach, erklärt erneut, dass sie nicht zur Selbstjustiz aufgerufen habe: „Die Junge Alternative will 'Kriminalität härter angehen'. Auch Selbstjustiz ist eine Form der Kriminalität. Daher ist doch logisch, dass die JA gegen Selbstjustiz ist (...)“

Unter dem Anstoß erregenden Plakat kommentierte ein User: „Wie soll man das Bild nun verstehen? Ich schließe daraus das ihr zur Selbstjustiz aufruft was absolut FALSCH ist. Natürlich meint ihr das aber nicht und habt einfach mal wieder falsche Worte gewählt.“ 20 Leuten gefällt das.

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13 Kommentare

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  • Und da hat man mal wieder das Problem mit einer weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft - mittem im Wahlkampf lässt der Innenminister gegen die politischen Gegner ermitteln.

    Das Beste daran, die Aufregung über die mangelnden Aufklärungszahlen bei Verbrechen gegen die „kleinen Leute“ - Wohnungseinbruch- insbesondere der Linken aufstoßen sollte.

    Mal ehrlich, welche Verbrechen kann man wohl eher aufklären? Eines wo Alltagsgegenstände die masseproduziert worden sind aus einem normalen Mehrfamilienwohnhaus stiehlt oder eines wo spezielle, vll. auch Kunstgegenstände aus einem gesichterten Anwesen gestohlen werden, dass möglicherweise sogar über Überwachungskameras verfügt?

    In jedem Fall, die im Text monierten Plakate sind nicht strafbewehrt, die AfD fordert ja nicht direkt auf, Selbstjustiz zu begehen sondern bringt es nur in den öffentlichen Diskurs, dass das passieren wird.

    Das monierte Plakat müsste demnach die Aufschrift haben:“ „Wenn der Staat seine Aufgaben nicht wahrnimmt, werden es ANDERE tun“ + „ Wehr auch du dich“ oder „Mach mit“ etc. .

     

    Es ist aber in dieser Form, kein direkter Aufruf. Vielmehr Wahlkampf – provokant und suggestiv, aber freie Meinungsäußerung.

     

    Btw. , ich verabscheue die AfD.

  • "Dr. phil. ist Akademiker aus gutem Haus. Er ist auch ein Brandstifter, jedoch anders als Schmitz und Eisenring nicht, weil er Gefallen am Brandstiften fände, sondern aus ideologischen Motiven heraus. Eisenring nennt ihn einen „Weltverbesserer“. Beim ersten Auftritt steht er neben seinen beiden Kollegen, weil er nicht wirklich etwas zur Vorbereitung der Brandstiftung beiträgt. Erst beim abschließenden Auftritt verliest er einen längeren Text, mit dem er sich von der unideologischen Lust am Verbrechen von Schmitz und Eisenring distanziert. Allerdings erfolgt die Distanzierung erst zu einem Zeitpunkt, an dem sie in der Praxis nichts mehr bewirken kann."

     

    Aus der Beschreibung zu "Biedermann und die Brandstifter.

  • Typisch AFD, bzw. deren Jungvolk! Erst nach rechts-reaktionär vorpreschen, (die richtigen Leute fühlen sich dann schon angesprochen), zurückrudern geht bei den gutgläubigen, konservativen Protestwählern dann ja noch immer.

    Doch wie sehr dem reaktionären Pack der AFD, ob Jung oder Alt ist völlig Wurscht, Selbstjustiz und (Neo)Nazismus zusagt, kann jeder an deren Wahlkampfhelfer in Dortmund erkennen!

    Die lassen dort von stadtbekannten Nazis (z.B. Brück M., seineszeichens Exmacher des NWDO!!) ihre Plakate aufhängen. Wie sehr das aus dem Ruder laufen kann -oder eben aus Sicht der AFD-Führung auch nicht!- zeigte sich, als eben dieser Oberfascho und Kollege beim Plakatieren für die AFD von Antifaschisten angesprochen wurde.

    Die Antifa´s wurden kurz danach, von mehreren Dortmunder Faschisten um Brück, zusammengeprügelt und mit Kabelbinder gefesselt, um sie der von ihnen gerufenen Polizei zu übergeben. Die Rechtfertigung für die Anwendung des `Jedermannsrecht´ war, laut Nazis, "zerstören v. Wahlplakaten", die Antifa´s sagen, sie hätten sich lediglich Wortgefechte geliefert.

     

    Wenn AFD-Leute dann in den Kommentaren zu dem Thema `Zivilcourage von Neonazis´ posten, "..wer Wahlplakate abreißt, .... , muss damit rechnen, an Leute zu geraten, die ihre Plakate verteidigen. ...", kann jeder das möchte erkennen, wie es mit dem Wunsch nach Selbstjustiz bei der AFD wohl steht!

    http://www.ruhrbarone.de/bochum-afd-lobt-dortmunder-neonazis/78917

    • D
      D.J.
      @blackbazi:

      Sie mögen es mir nicht verübeln, dass (nicht nur) ich mittlerweile einige Probleme habe, den Darstellungen der so genannten Antifa unbesehen zu glauben. Beide Seiten, AfD wie "Antifa", dürfen ihre eigene Rolle stark verzerren. Richtig ist, dass das Niveau der "politischen Auseinandersetzung" in Dortmund derzeit besonders erbärmlich ist. Um aber wenigstens ewas Ausgewogenheit in die Diskussion zu bringen, weise ich auch darauf hin:

       

      http://www.derwesten.de/staedte/dortmund/scheiben-bei-dortmunder-afd-eingeschmissen-id9302847.html

  • Meiner Ansicht nach, hat die AFD/ JA hier ausnahmsweise mal recht. Die Aufklärungsquoten sind erschreckend gering - so kann sich niemand sicher fühlen.

     

    Die AFD/ Ja vergisst allerdings zu bedenken, dass auch bei der Prävention einiges geschehen muss: Die soziale Spaltung und die damit einhergende Entfremdung sind die entscheidenden Ursachen für die meisten Verbrechen.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Da sieht man, wes Geistes Kind die AfDler sind.

    Heute selber aufräumen mit Kriminellen und morgen schon mit politischen Gegnern.

    Hatten wir alles schon, brauchen wir nicht wieder.

    • D
      D.J.
      @90191 (Profil gelöscht):

      Inwiefern lesen Sie das aus dem Plakat heraus? Bitte Argumente, keine Phrasen.

  • Der Minister lässt nur prüfen, ob ein Straftatbestand vorliegt.

    Das ist sein gutes Recht.

     

    Mit Wahlkampf hat es nur insofern was zu tun, als dadurch Menschen darauf aufmerksam gemacht werden, dass die AfD offenbar eben sehr unterschiedliche Menschen als Mitglieder hat, die entsprechend unkontrolliert sich äußern. Der Wähler kann daraus ableiten, dass sich die AfD wie alle rechtspopulistischen Parteien in der BRD nach einem Parlamentseinzug sehr bald selbst zerfleischen wird.

  • Von der AfD kann man ja halten, was man will. - Aber wenn man anderer Meinung ist, ist dies doch kein Grund, unfair, diffamierend, verlogen und manipulierend und jetzt auch noch mittels der Konstruktion an den Haaren herbeigezogener, offensichtlich blödsinniger Vorwürfe strafrechtlich gegen sie vorzugehen?

     

    Das erinnert ja an schlimmste DDR-Methoden, die verwendet wurden, um Kritiker mundtot zu machen!

     

    In der demokratischen politischen Auseinandersetzung kommt es auf Argumente an.

     

    Haben die Gegner der AfD so schlechte Argumente, dass sie mit solchen Mitteln arbeiten müssen, um die neuen politischen Konkurrenten niederzuhalten?

  • Brandenburg:

    Wild-Ost bittschön.

  • Der Justizminister (oh, welch Wunder, Mitglied der Linkspartei) lässt prüfen, ob eine Straftat vorliegt. Sorry, aber wofür? Dumme Aktion, natürlich. Umso höher rechne ich es der JA an, dass sie den Fehler eingesteht und ihn korrigiert.

     

    Peinlich finde ich dagegen euer AfD-Bashing. Taz, das wird nichts mehr. Die stehen bei 7 %, da könnt ihr noch so viel rumheulen. Sie werden ins EU-Parlament einziehen. Ich persönlich muss die ja nicht mögen, aber wenn ich sehe, wie die Mainstream-Medien (ja, ihr gehört auch dazu) und die etablierten Parteien jeden Furz der Afd nutzen, um die Partei zu diskreditieren, dann wünsche ich mir ihren Einzug fast schon. Wer die Berichterstattung verfolgt, sieht doch ganz deutlich, dass SPD/CDU/FDP/Grüne/SED richtig Schiss haben. Kein Wunder, es geht ja schließlich um ihre geliebten Posten. Wobei ich das auch ein wenig verstehen kann. Denn wo sollen die armen Grünen denn dann arbeiten? *seufz*

  • Eine schwache Polizei zwinge den Bürger zur Selbstjustiz lese ich aus dem Plakat. Für mich zwar kein Aufruf zur Selbstjustiz, aber allemal eine Rechtfertigung für die Anwendung der Selbstjustiz: "Wenn die uns nicht schützen, müssen wir selbst Hand anlegen...".

     

    Im Übrigen erinnert mich das an Roland Schill, Hamburgs EX-Richter Gnadenlos. Beglückt uns die AFD dann auch populistisch mit blauen Design-Polizeiuniformen?

    http://www.abendblatt.de/hamburg/article899975/Blaue-Uniformen-Jetzt-gehts-von-vorne-los.html

    Ob Lucke und Schill sich am Ende des Abends ums Koks streiten? Fortsetzung folgt!

    http://www.welt.de/politik/article1772402/Der-gnadenlose-Absturz-des-Ronald-Schill.html

  • D
    D.J.

    "Er habe die Staatsanwaltschaft beauftragt zu prüfen, ob eine Straftat vorliege, sagte Justizminister Helmuth Markov (Linke) am Donnerstag im Landtag in Potsdam."

     

    Nun also Wahlkampf mithilfe der Justiz. Übel das (ich gehe mal davon aus, dass jeder vernüftige Mensch in dem Bild keinen Aufruf zur Selbstjustiz erkennt). Leute, ich habe wirklich keine Lust, den teils ultrakonservativen Haufen wählen zu müssen, weil mich die unsachliche Auseinandersetzung mit ihm ank...