piwik no script img

Verein Deutsche Sprache nominiertSchäuble, der Sprachpanscher

Wegen seiner unbeholfenen Exkursionen ins Englische ist Finanzminister Wolfgang Schäuble als Sprachpanscher des Jahres nominiert worden. Doch er ist nicht allein.

Hello? Krieg ich den Titel „Sprachpanscher“? Bild: dpa

DORTMUND dpa | Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und ausgerechnet das Wörterbuch der deutschen Sprache, der Duden, sind für den zweifelhaften Titel „Sprachpanscher des Jahres“ nominiert.

Mit unbeholfenen Exkursionen ins Englische mache Schäuble seit Jahren den Übersetzern in Brüssel Konkurrenz und falle damit allen Versuchen in den Rücken, Deutsch als echte Arbeitssprache in der EU zu verankern, teilte der Verein Deutsche Sprache (VDS) am Donnerstag in Dortmund mit. Außerdem habe Schäuble in einer EU-Ratssitzung vorschlagen, die Dolmetscher und die deutsche Sprache zugunsten eines allgemeinen Englisch-Gebotes wegzulassen.

Der Duden rückte „durch das gedankenlose Aufnehmen dummer Anglizismen“, in die Vorschlagsliste, erläuterte Vereinschef Walter Krämer. Wenn heute in deutschen Texten von downloaden, Shorttrack, Jobhopping oder Eyecatchern die Rede sei, würden sich die Urheber regelmäßig darauf berufen, dies sei durch den Duden abgesegnet.

Weitere Kandidaten sind SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, die Spielwarenfirma Playmobil und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider.

Nahles, Schneider, Playmobil

Nahles habe nach ihrer Reise zum „Obama-Headquarter“ die SPD-Wahlkampfhelfer in „Campaigner“ umbenannt und „Give-Aways“ für den Wahlkampf vorgestellt. Dem EKD- Vorsitzenden schreibt der Verein die Weihnachtsaktion „Merry Christmas“ und die Girlande mit dem Aufdruck „Merry Birthday“ zu. Playmobil geißelt der Verein für die englischen Ausdrücke seiner Spielwelten wie „Dollhouse“ oder „Citylife“.

Der Verein wählt seit 1998 den Sprachpanscher, der laut Satzung für das unnötige und fortgesetzte Verdrängen deutscher Wörter durch angelsächsische Importe steht. Über die von einer Arbeitsgruppe nominierten Favoriten stimmen die 36 000 Vereinsmitglieder ab. Frühere Panscher sind Karstadt-Chef Andrew Jennings (2012), René Obermann (Telekom 2011) oder Hartmut Mehdorn (Deutsche Bahn 2007).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • R
    ridicule

    @von Gudrun

     

    "…Es bietet sich ein widersprüchliches Bild…"

     

    Danke. Aber - nö, wieso?

    Gauck de Gauch is Meckelnbörger;

    das war schon Preußens reaktionärstes Land;

    und so verbreitet er sich ja auch, gefragt wie ungefragt;

    mit und ohne Sonnenbrille.

     

    Daß ausgerechnet die Sprachakrobaten Schäuble/Oettinger

    sich als dilletierende Vereinfacher einschleimen,

    bestätigt ja nur deren intellektuell-provinzielle Beschränktheit;

    die als herablassendes Rangewanze bei den kleinen

    wie den großen Ländern registriert wird.

    Und - warum soll man sich für etwas stark machen,

    was man eh' allenfalls als Honoratioren-Schwäbisch,

    aber eben nicht als Hochdeutsch ' beherrscht.'

     

    Das mit dem Eliten-Gekasper halt ich - wie auch sonst -

    für nen typisch deutschen Dachschaden:

    '…Odenwaldschule, Oxbridge, Harvard…',

    Kinder stören einfach, grad die eigenen.

    Paul Nizan:" Wir sind die, die die, die das bezahlen,

    Eliten nennen!"

    Der Satz steht.

  • G
    Gudrun

    @ridicule

    "Der Verein spießt zu Recht auf, welchen Bärendienst beide via Kommissions-Sprache der deutschen Sache leisten. Wer mal auf einer Konferenz von einem niederländischen Prof in lupenreinem Hochdeutsch freundlich am Arm angetippt worden ist: ".bitte, - sprechen Sie doch lieber hoch- oder niederdeutsch oder englisch; aber bitte nicht durcheinander." - weiß was ich meine."

     

    Es bietet sich ein widersprüchliches Bild. Da ist zum einen eine fraktionsübergreifende Gruppe von Politikern, die Deutsch als dritte EU-Arbeitssprache erhalten und stärken wollen. Angeführt wird sie von Bundestagpräsident Norbert Lammert. Er weigert sich englischsprachliche EU-Schriftstücke zu bearbeiten und schickt sie mit der Bitte um eine deutsche Übersetzung zurück.

     

    Konterkariert werden diese Bestrebungen nun durch Wolfgang Schäuble, der in EU-Gremien mit Vorliebe seine mangelnden Englischkenntnisse zur Schau stellt und für eine EU-Einheitssprache Englisch plädiert. Unterstützt wird er dabei von unserem obersten Freiheitsapostel Joachim Gauck, der sich in seiner vielbeachteten Europa-Rede ebenfalls für eine EU-Verkehrssprache Englisch stark macht.

     

    Einen Schritt weiter ging Günther Oettinger. Er befand schon 2006: "Englisch wird die Arbeitssprache. Deutsch bleibt die Sprache der Familie und der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest. Deswegen haben wir in Baden-Württemberg, ab der Grundschule 1.Klasse - Englisch eingeführt. Daraufhin hat der Verein Deutsche Sprache ihn noch im selben Jahr zum Sprachpanscher gekürt.

     

    Zwar wird die politische und wirtschaftliche Elite nicht müde, auch auf die zentrale Bedeutung der deutschen Sprache hinzuweisen - für Einwanderer. Für Migranten ist Deutsch gut genug, während sie selbst ihren Nachwuchs auf teure Privatschulen mit vorwiegend englischsprachigem Curriculum schicken. Die Kinder sollen ja in einem künftigen englischsprachigen Europa in Führungspositionen nachrücken.

  • R
    ridicule

    @von JohnReed:

    "Bisschen lockerer bleiben.

    Schäubles "There will be no staatsbankrott ..." war doch genial."

     

    Das kann man von der sicheren Kremlmauer aus

    so sehen, ja.

    Aber die berühmten "… 10 Tage… "

    - sün all lang vorbie!

     

    Denn der Verein Deutsche Sprache

    ist weit entfernt von der " Comedie francaise"!

     

    Die " EU-Karte" ist klug ausgespielt, weil es eher

    und vor allem um politische Wirkung und Wirksamkeit

    via Sprache geht.

    Und da bilden die beiden zwei Spätzle-Vertreter

    Schäuble wie Oettinger ein grausames Doppeltes-Lottchen.

     

    Es geht dabei weniger um Anglismen, als um die Verfehlung

    der angesagten Sprachebene

    zu Lasten von 'Argot', 'Slang', 'denglisch'

    - was wir etwas verdruckst 'Umgangssprache' nennen.

     

    So wurde z.B. der aussichtsreichste OB-Kandidat überraschend

    nicht gewählt, weil er bei Aufgeregtheit - wie auch als Anwalt vor Gericht -

    anfing zu "kölschen."

     

    Das - wird nicht goutiert.

    Ja, dieser Rückfall in - noch dazu verkauderwelschte -

    Umgangssprache wird als Affront empfunden.

    ( Daß beide SpätzleVertreter eh alles auch nicht können

    - jedenfalls kein Hochdeutsch - und keine Fremdsprache

    liegt für andere Länder außerhalb der Glaubhaftigkeit).

     

    Gesteigert wird das dann, wenn wie hier bei beiden,

    sie "die Hosen anhaben", sprich, übers Geld verfügen.

    Deshalb die gesunde Abneigung eines Jean-Claude Juncker.

    Der hört einfach die Besatzerstiefel rumpeln.

     

    Es wird als ein seltsame Mischung aus kumpelhaftem

    Rangewanze, auf dufte-Machen und Großmannsgehabe

    wahrgenommen.

    Als eine unapettitlich-herablassende Kommunikationsform,

    um nur ja und unbedingt dazu zugehören;

    - aber immer das "Basta" am langen Arm!

     

    Der Verein spießt zu Recht auf, welchen Bärendienst

    beide via Kommissions-Sprache der deutschen Sache

    leisten.

    Wer mal auf einer Konferenz von einem

    niederländischen Prof in lupenreinem Hochdeutsch

    freundlich am Arm angetippt worden ist:

    "…bitte, - sprechen Sie doch lieber hoch- oder niederdeutsch

    oder englisch; aber bitte nicht durcheinander."

    - weiß was ich meine.

  • G
    Gudrun

    Wenn Genialität sich an fehlendem Englischvokabular bemisst, hätte seinerzeit Günter Oettinger den ersten Preis davontragen müssen. Er hat nicht nur englische Text phonetisch verhackstückt, vermutlich wäre er auch dem Wort Staatsbankrott gescheitert.

  • K
    knarzer

    Wenn Genialität sich an fehlendem Englischvokabular bemisst, hätte seinerzeit Günter Oettinger den ersten Preis davontragen müssen. Er hat nicht nur englische Text phonetisch verhackstückt, vermutlich wäre er auch dem Wort Staatbankrott gescheitert.

  • J
    JohnReed

    Bisschen lockerer bleiben. Schäubles "There will be no staatsbankrott ..." war doch genial.