Verdacht der Opposition: Noch ein Spitzel beim Berliner LKA?
Das Berliner Landeskriminalamt soll einen weiteren V-Mann mit NSU-Bezug geführt haben. Die Polizei lässt den Verdacht prüfen, der Innenausschuss will Aufklärung.
Führte das Berliner LKA noch einen weiteren V-Mann mit NSU-Bezug? Diesen Verdacht äußert die Opposition – und verlangt darüber am Montag Aufklärung im Innenausschuss.
Bei dem V-Mann soll es sich um den früheren Neonazi Nick Greger handeln. In einem Internetvideo hatte dieser kürzlich behauptet, Ende Oktober 2013 von zwei Beamten des Berliner LKA in Thüringen besucht worden zu sein. Diese hätten mit ihm über Carsten S. gesprochen, ebenfalls Rechtsextremer und früher Brandenburger V-Mann namens „Piatto“. Der hatte den Behörden Ende der Neunziger Jahre Tipps zum NSU-Umfeld gegeben – ohne dass dies Folgen hatte. Zudem soll ein Carsten S. von einem NSU-Bekannten um Waffen gebeten worden sein.
Akten geschwärzt
Die Berliner LKAler, sagte Greger, hätten ihn nun aufgefordert, keine Auskünfte zu „Piatto“ zu machen. Auch hätten sie versichert, Akten mit Verweisen auf „Piatto“ oder ihn selbst „so gut es ging“ geschwärzt zu haben.
Greger war lange in der Neonazi-Szene aktiv, organisierte Rechtsrockkonzerte. Zusammen mit Carsten S. wurde er für einen geplanten Rohrbombenanschlag verurteilt. Mehrere Jahre saß der 36-Jährige in Haft. Heute gibt er sich als Aussteiger.
Abgeordnete der Grünen und Linken halten Gregers Aussagen für glaubhaft. Sie schließen aus dem Besuch der Beamten, dass auch Greger V-Mann war. Bereits 2012 war publik geworden, dass das Berliner LKA einen NSU-Helfer als V-Mann führte: den Sachsen Thomas S. Später war von weiteren Spitzeln die Rede. Polizeisprecher Stefan Redlich sagte zum Fall Greger nur: "Wir prüfen den Sachverhalt."
Linken-Fraktionschef Udo Wolf reicht das nicht. Er forderte Antworten im Innenausschuss. Die Grüne Clara Herrmann nahm Innensenator Frank Henkel (CDU) in die Pflicht, „diese dubiose Geschichte vollständig aufzuklären“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?