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Verbraucherzentralen monieren EtikettenLebensmittel-Industrie täuscht Natur vor

Die Verbraucherzentralen schlagen Alarm: Die Lebensmittelindustrie preist Produkte mit dem Schein von Naturbelassenheit an – obwohl sie Zusatzstoffe enthalten.

Wissen, was drin ist. Das ist gar nicht so einfach herauszubekommen. Bild: Happy Meal – Lizenz: CC-BY-SA

DÜSSELDORF dpa | Die Lebensmittelindustrie bewirbt ihre Produkte nach Ansicht der Verbraucherzentralen häufig zu Unrecht mit dem Etikett "frei von Zusatzstoffen". Aufdrucke wie "ohne Konservierungsmittel", "ohne Geschmacksverstärker" oder "ohne Zusatz von Aromen" verleihen Lebensmitteln demnach oft nur den Schein von Naturbelassenheit. Für 151 Produkte verglichen die deutschen Verbraucherzentralen Werbeversprechen mit den Zutatenlisten. Das Ergebnis: Die Kunden würden meist getäuscht, teilte die federführende Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen am Dienstag mit.

Die Verbraucherschützer sprechen von "Taschenspielertricks". Künstliche Stoffe würden durch andere Zutaten ersetzt, die zwar ähnlich wirkten, aber nach dem Gesetz nicht als Zusatzstoffe gekennzeichnet werden müssten. Laien wüssten das nicht und gingen davon aus, dass gar keine Zusatzstoffe zum Einsatz kommen.

Beispiel Hefeextrakt: Diese Zutat mit harmlos klingendem Namen diene oft als alternativer Geschmacksverstärker, erläuterte eine Sprecherin der Verbraucherzentrale NRW. Hefeextrakt enthalte aber ebenfalls Glutamat - und dieses weise dieselben chemischen Eigenschaften auf wie der industrielle Zusatzstoff. Zwar sei unklar, inwiefern Glutamat gesundheitsschädlich ist. Asthma- und Neurodermitis-Kranke sollten aber vorsichtshalber die Finger davon lassen.

"Eine höhere Qualität bei Lebensmittelprodukten, die explizit auf bestimmte Zusatzstoffe verzichten, ist kaum erkennbar", berichtet die Verbraucherzentrale NRW. "Bei dem derzeit vorherrschenden Kennzeichnungswirrwarr tragen die angeblich sauberen Labels eher dazu bei, Verbrauchern eine falsche Verlässlichkeit vorzugaukeln." Die Verbraucherschützer verlangen daher klarere gesetzliche Vorgaben für die Werbeversprechen.

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7 Kommentare

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  • HB
    Harry B

    Oh, ich liebe Hefeextrakt. Warum schreiben die denn nicht drauf ,das da Glutamat drin ist.

  • S
    salopp

    das lebensmittel-wiki gibt es schon:

     

    http://das-ist-drin.de/

  • L
    <verbraucherIn>

    Ihren Kommentar hier eingebenann sein, dass man/frau ganz natürlich sterben kann.

     

    aber ich will nicht industriell vergiftet werden, wenn sich konzerne mit etikettenschwindel und medienmacht fette gewinne mit meiner desinformiertheit erschleichen können.

     

    wenn man sich überlegt, dass der ganze konserven- und packungsfraß überflüssig ist und nur dem gesetz der gewinnmaximierung gehorcht, kommt man doch ins nachdenken - und shoppt eben nicht mehr convenience food. sondern greift zum öko-gemüse.

     

    thilo bodes abgespeist ist da ganz erhellend. wenn man bedenkt, dass es eine subventionierte zuckerindustrie mit überproduktion in deutschland gibt, ahnt man, warum in allen nahrungsmitteln heutzutage zucker drin sein muß - quasi zur entsorgung. die leute werden also fett und krank, weil das zeug ja irgendwo hin muss. und dürfen dann dafür noch röslers kopfpauschale latzen.

     

    interessant wäre es doch, zu erfahren, wie diese unternehmen die hersteller dazu bringen, das essen mit zucker zu anzureichern, obwohl dies gar nicht notwendig wäre. mit rabatten? oder vielleicht reichen sie die eu-zuschüsse, die sie bekommen, prozentual weiter? das würde mich mal interessieren, warum in einer harmlosen heringsmarinade oder im joghurt zucker sein muss und wie es geschäftlich dazu kommt.

     

    ich denke, es wird zeit für eine art ernährungs-wiki, wo man einen überblick über alle chemischen stoffe nebst wirkung, über die hersteller nebst fraglichen produkten (mit den rubriken ökoskandal oder tierquäler der woche) und gute aktuelle regionale tips für den einkauf bekommt.

     

    vielleicht wird dann der/die gründer/in eines tages genauso vom cma gejagt, wie julian vom cia?...::)))

     

    sieh da, sieh da, das gibt es schon:

     

    http://www.deutschesernaehrungswiki.de/wiki/index.php/Hauptseite

     

    wohl gesponsert von der sächsischen ernährungwirschaft und finanziert von....?

  • S
    Sontag

    Was erwartet ihr denn, wenn ihr eure so genannten Lebensmittel von Chemiekonzernen bezieht? Wer solche Sachen kauft und nicht selber kocht, hat es nicht besser verdient.

  • B
    Bio-Cotton

    Diese Verkaufsstrategien sind so billig wie Brombeeren. Die Verwirrung mit "Non-Bio" Waschmitteln ist auch sowas, und C&A stellt Hosen aus "Bio-Cotton" her (in nie gekannten Größen für sehr schmale und große Menschen wie mich), die aus daruntergetragener weißer Unterwäsche blaue machen kann.. wahrscheinlich mit "Non-Bio"-Farbe. Ich lach mich tot. Man muß als Verbraucher echt was drauf haben, heutzutage, wenn man nicht verarscht und vergiftet werden will. Oder man kennt jemanden, der eigenverantwortlich Lebensmittel verkauft, zB im Bioladen. Wer dann glaubt, nachher im Supermarkt billiger Bioware kriegen zu können, läßt sich wieder einlullen von homöopathischen Fairtrade-Mengen in völlig bekloppten Produkten mit Ethiketikett vom Hersteller. Die Verbraucherzentralen Deutschlands sind schon eine gute Erfindung. In englischsprachigen Ländern wird dieselbe "ohne-dies-und-das"-Marketingstrategie schon länger angewendet, und die Verbraucher sind weniger informiert, glaube ich, und von dort scheint sich diese Strategie eben nun auch nach Deutschland bewegt zu haben.

  • GM
    Gosig Mus

    Bei Hefeextrakt waren im übrigen die Bio-Hersteller ganz vorne mit dabei. Am besten einfach möglichst viel einfache Lebensmittel und wenig Convenience-Food kaufen. Nebenbei bemerkt enthalten reife Tomaten (auch Tomatenmark!) und Parmesan enorme Menge Glutamat, wer davon nichts hält, sollte diese Lebensmittel wohl auch meiden...

  • S
    Silentjay

    "Diese Zutat mit harmlos klingendem Namen diene oft als alternativer Geschmacksverstärker, erläuterte eine Sprecherin der Verbraucherzentrale NRW. Hefeextrakt enthalte aber ebenfalls Glutamat - und dieses weise dieselben chemischen Eigenschaften auf wie der industrielle Zusatzstoff."

     

    Ob ich jetzt Glutamat nehme oder Glutamat aus Hefe extrahiere und es Hefeextrakt nennen... das ist nicht nur das gleiche sondern auch dasselbe.

     

    Ansonsten ist diese ganze Zusatzstoffdebatte eine einzige Wortklauberei.

    Natürlich, naturidentisch, naturähnlich.

    Wer das als Bewertungskriterium für gesund nimmt, der glaubt immernoch das Märchen das es eine gut/böse Zuordnung in dieser Welt gibt.

    Man kann auch ganz natürlich sterben z.B. natürliches Mutterkorn im Getreide, natürliche Pilztoxine im Essen, natürlicher Blinddarmdurchbruch, natürliche Hirnhautentzündung.