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Verbraucherzentrale zu TTIPFreihandel als Chance

Seit einem Jahr wird inzwischen über das Freihandelsabkommen beraten. Die Verbraucherzentralen haben noch Verbesserungsvorschläge.

Transparenz? Das gibt's doch als Spritze Bild: dpa

BERLIN taz | Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) präsentierte am Donnerstag sechs Vorschläge zur Kurskorrektur bei den Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Unter anderem forderten die Verbraucherschützer mehr Transparenz und das Festhalten an hohen Umwelt- und Gesundheitsstandards.

Am 17. Juni 2013 verkündeten David Cameron und Barack Obama am Rande des G-8-Gipfels, dass die EU und die USA Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen aufnehmen. Seitdem drang nur wenig über diese Verhandlungen an die Öffentlichkeit.

Daher forderte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gestern mehr Transparenz bei den Verhandlungen. „Konkrete Verhandlungsgegenstände müssen öffentlich gemacht werden“, so vzbv-Vorstand Klaus Müller.

Außerdem sollten sämtliche Regelungen zum Schutz von Gesundheit und Umwelt von der Einordnung als „nichttarifäres Handelshemmnis“ ausgenommen werden. Mit diesem Ausdruck sind alle Handelsschranken gemeint, die nicht auf Zölle abzielen.

Des Weiteren fordert der vzbv, dass nicht nur wissenschaftliche, sondern auch ethisch-moralische Argumente als Ablehnungsgründe für die Einfuhr eines Produkts akzeptiert werden.

Müller erläuterte diesen Punkt am Beispiel des berühmten Chlorhühnchens. Nach rein wissenschaftlichen Kriterien gebe es beim Chlorhühnchen keinen Unterschied im Endprodukt. Daher würde eine Kennzeichnung, aus welcher Produktionsart das Fleisch stammt, als nichttarifäres Handelshemmnis angesehen werden. Europäische Verbraucher interessierten aber auch Standards in der Produktkette sowie Fragen des Umgangs mit Tieren – und nicht nur das Endprodukt.

Allerdings könne „Freihandel auch eine Chance sein“, so Müller. In einigen Bereichen, wie etwa beim Wertpapierhandel, habe die USA höhere Maßstäbe; die EU könnte profitieren, wenn diese übernommen würden. „Das Beste beider Seiten sollte bei TTIP zum Standard werden.“ Dafür müsste allerdings das in Europa geltende Vorsorgeprinzip erhalten bleiben. Wer in der EU ein neues Produkt auf den Markt bringen will, muss vorher dessen Unschädlichkeit beweisen. Das in den USA geltende Nachsorgeprinzip setzt mehr auf Ausgleich von enstandenen Schäden.

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2 Kommentare

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  • Es handelt sich um einen Vertrag, den das internationale Kapital zulasten der nationalen Demokratien abschließen will. Aus welchem Geist er konstruiert ist, zeigt eine nun wirklich satanische Bestimmung: der Schutz einer schon getätigten Investition vor kommenden Regulierungen. Sollte ein nationales Parlament Gesetze beschließen, einen Mindestlohn beispielsweise oder eine Umweltauflage, die geeignet wären, die Gewinnerwartung des Investors zu schmälern, müsste der betreffende Staat dem Investor den entgangenen Profit ersetzen. Nehmen wir einmal an, ein Bergbauunternehmen würde bei seiner Tätigkeit das Grundwasser gefährden und das Parlament daraufhin die Art der Bohrarbeiten verbieten oder einschränken – das würden teure Gesetze werden.

     

    Der IG-Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel hat einmal sarkastisch gesagt, im Sinne der TTIP hätte Südafrika nach Abschaffung der Apartheid gewaltige Ausgleichssummen zahlen müssen – wegen erschwerter Ausbeutung schwarzer Arbeiter.

     

    Die Schiedsgerichte, die der Vertrag für den Streitfall vorsieht, machen die Sache nicht besser, im Gegenteil: Sie tagen geheim, mit privaten Anwälten besetzt, und ihre Urteile sind vor nationalen Gerichten nicht anfechtbar. Damit wäre dann nicht nur die Demokratie, sondern auch der Rechtsstaat suspendiert.

     

    Von wegen "Chlorhühnchen". Das Hühnchen ist nur ein Ablenkungsmanöver. Am Ende der Verhandlungen wird es verboten und alle glauben das Abkommen sei in Ordnung. Dass Demokratie und Rechtsstaat beschädigt wurden, wissen nur wenige: Das internationale Kapital.

  • Wie sagt der Schweizer so schön: Nur der Inhalt zählt! - Und der muss gravierend verändert werden.