Verbindungen zwischen Israel und Katar: Wird „Katargate“ Netanjahu gefährlich?
Vertraute des israelischen Premiers nahmen wohl Gelder aus Katar an. Über die Ermittlungen schimpft er, bezeichnet die beiden Festgenommenen sogar als „Geiseln“.
Feldstein und Urich stehen im Verdacht, Bestechungsgeld angenommen und Nachrichten im Sinne Katars verbreitet zu haben. Das Golfemirat ist neben Ägypten nicht nur ein wichtiger Vermittler in den Verhandlungen um einen Waffenruhe-Geisel-Deal mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen – sondern hat mit Zustimmung von Netanjahu die Gruppe vor dem 7. Oktober 2023 auch jahrelang finanziell unterstützt.
Genaue Details der Affäre waren lange nicht bekannt. Denn Israel hatte eine sogenannte „Gag Order“, eine Nachrichtensperre, verhängt. Nachdem diese aufgehoben wurde, kamen am Mittwoch schließlich weitere Einzelheiten ans Licht: Von der Polizei befragt wurde demnach auch der am arabischen Golf ansässige israelische Geschäftsmann Gil Birger.
Vergangenen Monat hatte der öffentliche Rundfunksender Kan eine Aufnahme von Birger veröffentlicht, in der dieser berichtet, Geld von einem von Katar finanzierten US-Lobbyisten an einen engen Vertrauten des Premiers weitergeleitet zu haben. Birger erklärte, der Lobbyist habe als Grund für die Zahlungen an den Netanjahu-Vertrauten Feldstein „Steuergründe“ angegeben. So auch der Chefredakteur der israelischen Zeitung Jerusalem Post, Zvika Klein. Wie auch Birger soll er mutmaßlich als Mittelsmann beteiligt gewesen sein.
Netanjahu steht derzeit wegen Korruption vor Gericht
Die Ermittlungen gegen Feldstein wurden ursprünglich eingeleitet, weil er der deutschen Bild-Zeitung wohl ein geheimes Dokument zugespielt hatte, das angeblich die Strategie der Hamas in den Verhandlungen um den Geisel-Waffenruhe-Deal beschrieb. Es wurde in der Berichterstattung dem damaligen Hamas-Chef Yahya Sinwar attributiert – wofür es wohl keine Belege gab.
Die Ermittlungen hat die Polizei gemeinsam mit dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet übernommen. Die Sondereinheit für Korruptionsermittlung der israelischen Polizei, Lahav 433, zeigte bei Gericht nun Bedenken an: Weil der Anwalt von Urich, Amit Hadad, auch Netanjahu selbst in dessen Korruptionsprozess vertritt. Laut Times of Israel habe sich Hadad etwa mit dem Premier getroffen, nachdem Urich in seinem Beisein befragt worden war.
Netanjahu steht derzeit wegen Korruption vor Gericht und muss mehrmals pro Woche für Befragungen erscheinen. Im sogenannten Katargate wurde der Premier bisher nur als Zeuge geladen. Ob er auch als Verdächtiger befragt wird, steht noch aus. Dennoch macht Netanjahu öffentlich Stimmung: Seine beiden Vertrauten, erklärte er, würden von der Polizei als „Geiseln“ gehalten. Die Aussage wurde in Israel heftig kritisiert – werden doch derzeit weiter 59 Menschen, davon mutmaßlich noch 24 am Leben, tatsächlich als Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Und ein Deal, um sie zu befreien, ist derzeit kaum in Sicht. Netanjahu spricht außerdem von einer „Hexenjagd“. Und dass er den Shin Bet-Chef Ronen Bar jüngst mit seiner Regierung feuerte, bringen viele Analysten mit den schon länger anhaltenden Ermittlungen im Katargate in Verbindung.
Politisch gefährlich könnte Katargate für Netanjahu werden, falls die Festgenommenen Aussagen machen, die weitere Details zu den Vorgängen im Büro des Regierungschefs ans Licht bringen. Für seine laxe Haltung, sogar Befürwortung gegenüber dem Golfemirat und seiner Zahlungen an die Hamas in Gaza, wurde er, vor allem nach dem 7. Oktober, bereits kritisiert.
Mitarbeit: Lisa Schneider
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