piwik no script img

Verbindungen zwischen Israel und KatarWird „Katargate“ Netanjahu gefährlich?

Vertraute des israelischen Premiers nahmen wohl Gelder aus Katar an. Über die Ermittlungen schimpft er, bezeichnet die beiden Festgenommenen sogar als „Geiseln“.

Netanjahu steht derzeit wegen Korruption vor Gericht Foto: Yair Sagi/Yedioth Ahronoth/ap

Jerusalem taz | Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gerät in einem sich ausweitenden Skandal um Korruption und Einflussnahme unter Druck. Im Fall „Katargate“ wurden am Montag zwei seiner engsten Berater – Jonatan Urich und Eli Feldstein – festgenommen, am Dienstag verlängerte ein israelisches Gericht dann die Untersuchungshaft für die beiden.

Feldstein und Urich stehen im Verdacht, Bestechungsgeld angenommen und Nachrichten im Sinne Katars verbreitet zu haben. Das Golfemirat ist neben Ägypten nicht nur ein wichtiger Vermittler in den Verhandlungen um einen Waffenruhe-Geisel-Deal mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen – sondern hat mit Zustimmung von Netanjahu die Gruppe vor dem 7. Oktober 2023 auch jahrelang finanziell unterstützt.

Genaue Details der Affäre waren lange nicht bekannt. Denn Israel hatte eine sogenannte „Gag Order“, eine Nachrichtensperre, verhängt. Nachdem diese aufgehoben wurde, kamen am Mittwoch schließlich weitere Einzelheiten ans Licht: Von der Polizei befragt wurde demnach auch der am arabischen Golf ansässige israelische Geschäftsmann Gil Birger.

Vergangenen Monat hatte der öffentliche Rundfunksender Kan eine Aufnahme von Birger veröffentlicht, in der dieser berichtet, Geld von einem von Katar finanzierten US-Lobbyisten an einen engen Vertrauten des Premiers weitergeleitet zu haben. Birger erklärte, der Lobbyist habe als Grund für die Zahlungen an den Netanjahu-Vertrauten Feldstein „Steuergründe“ angegeben. So auch der Chefredakteur der israelischen Zeitung Jerusalem Post, Zvika Klein. Wie auch Birger soll er mutmaßlich als Mittelsmann beteiligt gewesen sein.

Genaue Details der Affäre waren lange nicht bekannt. Denn Israel hatte eine Nachrichtensperre, verhängt

Netanjahu steht derzeit wegen Korruption vor Gericht

Die Ermittlungen gegen Feldstein wurden ursprünglich eingeleitet, weil er der deutschen Bild-Zeitung wohl ein geheimes Dokument zugespielt hatte, das angeblich die Strategie der Hamas in den Verhandlungen um den Geisel-Waffenruhe-Deal beschrieb. Es wurde in der Berichterstattung dem damaligen Hamas-Chef Yahya Sinwar attributiert – wofür es wohl keine Belege gab.

Die Ermittlungen hat die Polizei gemeinsam mit dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet übernommen. Die Sondereinheit für Korruptionsermittlung der israelischen Polizei, Lahav 433, zeigte bei Gericht nun Bedenken an: Weil der Anwalt von Urich, Amit Hadad, auch Netanjahu selbst in dessen Korruptionsprozess vertritt. Laut Times of Israel habe sich Hadad etwa mit dem Premier getroffen, nachdem Urich in seinem Beisein befragt worden war.

Netanjahu steht derzeit wegen Korruption vor Gericht und muss mehrmals pro Woche für Befragungen erscheinen. Im sogenannten Katargate wurde der Premier bisher nur als Zeuge geladen. Ob er auch als Verdächtiger befragt wird, steht noch aus. Dennoch macht Netanjahu öffentlich Stimmung: Seine beiden Vertrauten, erklärte er, würden von der Polizei als „Geiseln“ gehalten. Die Aussage wurde in Israel heftig kritisiert – werden doch derzeit weiter 59 Menschen, davon mutmaßlich noch 24 am Leben, tatsächlich als Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Und ein Deal, um sie zu befreien, ist derzeit kaum in Sicht. Netanjahu spricht außerdem von einer „Hexenjagd“. Und dass er den Shin Bet-Chef Ronen Bar jüngst mit seiner Regierung feuerte, bringen viele Analysten mit den schon länger anhaltenden Ermittlungen im Katargate in Verbindung.

Politisch gefährlich könnte Katargate für Netanjahu werden, falls die Festgenommenen Aussagen machen, die weitere Details zu den Vorgängen im Büro des Regierungschefs ans Licht bringen. Für seine laxe Haltung, sogar Befürwortung gegenüber dem Golfemirat und seiner Zahlungen an die Hamas in Gaza, wurde er, vor allem nach dem 7. Oktober, bereits kritisiert.

Mitarbeit: Lisa Schneider

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Es kommt darauf an wie unabhängig die Justiz in Israel tatsächlich noch ist. Und die letzten Jahre haben leider gezeigt, dass Politiker wie Netanjahu sich immer wieder aus solchen Situationen rauswinden können. Trump ist ja das beste Beispiel dafür. Und im Moment hat Netanjahu ja auch noch genug Unterstützung aus den eigenen politischen Reihen, gerade die Rechtsextremen Koalitionspartner werden alles daran setzen, dass die derzeitige Regierung zumindest bis zur nächsten regulären Wahl hält, immerhin erfüllen sich für diese ja gerade ihre kühnsten (und verstörenden) Träume. Und auch wenn es zu Befürworten ist, wenn er eine gerechte Strafe in Israel für Korruption bekommt, so würde ich es bevorzugen ihn in Den Haag vor Gericht zu sehen, denn die Vorwürfe dort sind ja erheblich schwerwiegender.

  • Es bleibt zu hoffen, dass dieser unredliche Scharlatan Netanjahu nun endlich "am Haken" ist. Der hat mit seinem antidemokratischen Verhalten dem Staat Israel sehr geschadet und bleibt bei seinem selbstherrlichen Kurs. Zudem ist er hauptverantwortlich für Kriegsverbrechen an den Palästinensern in Gaza und im widerrechtlich besetzen Westjordanland. Mit derartigen Machenschaften befeuert er rücksichtslos den Antisemitismus weltweit, denn viele Menschen unterscheiden nicht zwischen Israelis und Juden und schon gar nicht zwischen Kriegsverbrechern und einer seriösen Regierung.

    • @Perkele:

      Dann sollten die Menschen lernen zu unterscheiden. Auch unter "Juden" und "Israelis" gibt es solche und solche.

      • @Kai Ayadi:

        Habe ich denn etwas anderes gesagt??