Veranstaltungstipp: U-Ausschuss „Rechnungsprüfungsamt Bhv“ beginnt
Spektakel im Parlament
Die Geschichte ist schmutzig, und irgendjemand lügt. Jemand, der sonst als ehrenwert gilt und Anzug trägt. Aber wer’s denn nun ist, der in der so genannten Bremerhavener Rechnungsprüfungs-Affäre die Unwahrheit sagt, das weiß niemand so recht – außer den Betroffenen. Am Dienstag tritt der Untersuchungsausschuss „Rechnungsprüfungsamt Bremerhaven“ an, sich seinerseits der Wahrheit anzunähern.
Was bisher geschah: Dem Leiter des Rechnungsprüfungsamts Rainer Mattern war im Herbst 2000 ein Vertrag vorgelegt worden. Darin war festgelegt, dass Mattern den Bremerhavener Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken (SPD) ausdrücklich als weisungsberechtigt anerkennen und auf die gesetzlich vorgeschriebene „rechtliche Bewertung“ seiner Prüfergebnisse verzichtet. Mattern sollte sich weiterhin auf alle in Frage kommenden Stellenangebote bewerben – im Gegenzug sollte er befördert und die Einstellung eines Disziplinarverfahrens erwogen werden.
Wer das skandalöse Vertragswerk initiiert hat – diese Frage hatte die Bremerhavener Grünen bewogen, den Untersuchungsausschuss zu beantragen – steht allerdings am Ende einer langen Liste von Fragen, die sich um das Verhältnis des Rechnungsprüfungsamts zu den Bremerhavener Granden und deren amtliche Befugnisse drehen. Das Hickhack zwischen den potenziellen Urhebern des Vertrags – neben Beneken wären da noch Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD) sowie Ex-SPD-Fraktionschef Klaus Rosche, keiner will’s gewesen sein – wurde bald von den nächsten Querelen überlagert.
Denn Artur Beneken, so der Vorwurf der Bremerhavener Grünen, verschleppe die Arbeit des Ausschusses, indem er auf den Akten sitze: Der Stadtverordnetenvorsteher blockiere die Weitergabe der Rechnungsprüfungsamts-Akten.
Hinzu kam ein Brief Benekens an die Fraktionsvorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung von Mitte Juli. Darin berichtet Beneken unter anderem über Telefonate Matterns mit der CDU während dessen Sanatoriumsaufenthalts – Grund für Mattern, gegen Beneken Strafanzeige wegen übler Nachrede zu stellen.
Und während durch Vermittlung von Justizstaatsrat Ulrich Mäurer (SPD) der Aktenfluss gen Ausschuss inzwischen fließen sollte und auch 53 Ordner bereits übergeben wurden, ist das nächste Problem aufgetaucht: Weil ein Amtsmitarbeiter in Urlaub ist, bekommt der Ausschuss die kompletten Akten erst nach dessen Rückkehr in dieser Woche. Amtsleiter und Hauptzeuge Mattern ist außerdem krank. Ob er vor dem Ausschuss aussagen wird, ist unklar.
Manfred Schramm, Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, schäumt. Eine „Sauerei“ sei die stetige Verschleppung der Aufklärungsarbeit, so sei „keine seriöse Beweiserhebung möglich.“
An acht Tagen muss der Ausschuss 70 Anhörungen mit 47 Zeugen über die Bühne bringen. Wer dem Spektakel in der Bremischen Bürgerschaft beiwohnen will, muss sich Eintrittskarten besorgen. Die gibt’s im Foyer der Bürgerschaft. sgi
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