Veränderung der GEZ-Gebühren: Umstrittener Adressenhandel
Die Rundfunkgebühr wird zum Beitrag. Post von der GEZ kommt trotzdem weiter. Aber woher kommen die Daten für die Suche nach Schwarzsehern?
„Was für ein Irrsinn!“ Es sind Boulevard-Schlagzeilen wie diese, die über Jahrzehnte aus der ohnehin schon maximal ungeliebten GEZ auch noch eine höchst alberne Institution gemacht haben. Damals wollte die Gebühreneinzugszentrale als Inkassoinstitut von ARD, ZDF und Deutschlandradio in München einen Hund abkassieren, der – zu allem Überfluss – bereits fünf Jahre lang tot war.
Pannen und Skurrilitäten dieser Art prägen das mehr als nur angeschlagene Image der GEZ seit ihrem Start vor etwa drei Jahrzehnten. Einmal forderte sie etwa von einer „Frau Walburga ST“ im Münsterland Gebühren. Kein Sachbearbeiter begriff, dass es sich bei der vermuteten Schwarzseherin um die heilige Walburga handelte, die Schutzpatronin einer katholischen Kirchengemeinde.
Und auch der Rechenmeister Adam Ries, besser bekannt als Adam Riese, erhielt eine solche Aufforderung. Da allerdings schaute der sich bereits gut 450 Jahre lang die Radieschen von unten an.
Umstrittene Adressenhändler
Bei all diesen Fällen rächt sich gleich zweierlei: zum einen, dass die GEZ nicht auf die Ehrlichkeit der Bürger setzt und zugleich auch gar nicht setzen kann – und zum anderen, dass manch einer Schabernack mit Adressen treibt. Die GEZ bedient sich nämlich ganz legal, aber nicht minder umstritten sogenannter Adressenhändler. Sie „mietet“ für einen bestimmten Zeitraum Anschriften von Unternehmen wie der Schober-Gruppe. Auch Arvato zählte bereits zum Kreis der Lieferanten, ein Ableger von Bertelsmann.
In manchen Jahren waren es gut 100 Millionen Einträge, die so für bis zu sechs Monate in das Computersystem der GEZ wanderten und mit den Beständen abgeglichen wurden: Wen kennt der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch nicht, wer lebt womöglich gar nicht mehr im Elternhaus, wer ist wieder von einem längeren Auslandsaufenthalt zurück? Mit diesem Verfahren spürt die GEZ bis heute Schwarzseher auf, schreibt dann an sie oder schickt den Außendienst, die „Gebührenbeauftragten“ der neun ARD-Anstalten, vorbei.
Kuriose Post
In Hunderttausenden Fällen hat diese Methode ihre Wirkung entfaltet, doch sie führte bisweilen eben auch in die Kuriosität: Tote, Haustiere oder Fantasiegestalten erhielten Post aus Köln – etwa dann, wenn die Halterin eines Hundes ein Abo für ein Tiermagazin abgeschlossen und aus Liebe zu ihrem Bello flugs dessen Namen angegeben hatte, der so Adressenhändlern in die Hände fiel. Oder auch, weil sich jemand bei Bestellungen vertippt oder sich bei Aktionen einen Scherz erlaubt hat.
Vom Januar an muss die GEZ, die dann Beitragsservice heißt, vorübergehend auf den Ankauf solcher teils unstimmiger Adressenbestände verzichten. Sie hat dann allerdings auch alle Hände voll zu tun: Ein einziges Mal darf sie zur Systemumstellung, für die sie Haushalte statt Geräte erfassen muss, ihre eigenen Daten mit denen aller deutschen Einwohnermeldeämter abgleichen. Stichtag für diese Aktion ist der 3. März 2013. Erst danach, ab 2015, geht das ganze Spiel wieder von vorne los.
Leser*innenkommentare
kassberg
Gast
Dreimal dürfen die werten Zeitungsverlegr raten, woran die Leute, die mehr zahlen müssen, sparen.
Dämmerts, liebe Journalisten ?
pablix
Gast
Der feuchte Traum der Adresshändler wird war: einer der besten Kunden bekommt einfach mal alle auf einmal. Wenn die von da aus nicht auf Wanderschaft gehen, fresse ich einen Besen. Ich wette 100000:1.
Was man alles damit machen kann, Millionäre überfallen, Versicherungen verkaufen, facebook-Profile vergolden...
Und es will dann wieder keiner gewesen sein. Halt ein Unfall. Hoppla. Vertreter, die für diese 'Reform' gestimmt haben, werden wohl kaum zur Rechenschaft gezogen, obwohl grob fahrlässig.
Und Mein Medienbudgetz wird ganz nebenbei auch gesprengt. Taz-zahl-ich-via-GEZ. "Hier ist das 1. deutsche Staatsfernsehen." Gute Nacht meine Damen und Herren!
Patrick S
Gast
@Martin Hoefs
Natürlich ist die GEZ Schuld daran wenn sie Hunde und Toten Rechnungen schickt. Wenn man sowas macht dann hat man nicht sauber gearbeitet. Man stelle sich mal vor ein Privates Unternehmen würde einfach einem Hund eine Rechnung schicken und mit Strafe drohen wenn nicht bezahlt wird.
Man kann/darf nicht einfach auf gut Glück Rechnungen/Gebührenbescheide verschicken. Im übrigen hat die GEZ schon Daten von Adresshändler gekauft gehabt wo es ihr noch nicht erlaubt war. Soviel zur Seriosität der GEZ.
Das ganze System des Gebühreneinzugs hätte man besser regeln müssen. (besserer Datenschutz, GEZ auflösen,etc..)
Die ÖR müssten mit den Geld der Gebührenzahler transparenter umgehen und auch mal weniger Geld ausgeben. Dann wäre vielleicht auch die Akzeptanz des Systems höher.
Martin Hoefs
Gast
Hat die GEZ Daniel Bouhs mal beim Schwarzsehen erwischt? Oder woher nimmt der Mann die Wut, seit geschlagenen 4 Tagen immer das selbe "Die GEZ ist böse! Die GEZ ist böse!" runter zu beten? Heute ist es wieder besonders wirr: natürlich ist das lustig, wenn Gebührenbescheide an Hunde und Heilige verschickt werden; aber da kann doch die GEZ überhaupt nichts dafür. Wie der Artikel in einem Nebensatz fast richtig erläutert, enstehen solche Dinge durch Menschen, die aus purer Habgier Gewinnspiele auf "ST Walburga" und "Harras von Herrhausen" anmelden. Wie soll die GEZ denn feststellen, ob das Menschen, Tiere oder Gebäude sind? Jemanden vorbei schicken, damit Daniel Bouhs noch mehr Vorwände für "Stasimethoden"- Vorwürfe hat? ETWAS seriöser bitte! Und, nebenbei bemerkt: Bei allem Gemosere über "Renter-TV" der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten sollte Daniel Bouhs die Tages-TV-Tipps der TAZ-Medienseite ansehen: die betreffen zu 95% die der ÖR-TV-Sender, nicht der werbefinanzierten Unterschichtensender. Schon mal überlegt warum wohl?
Michael
Gast
Es ist wirklich ein jammer - die Reform, dass künftig Haushalte und nicht mehr "Besitzer von Empfangsgeräten" (was ja eine immer absurdere Definition wurde) zahlen, finde ich ansich total sinnvoll. Der öffentliche Rundfunk ist ja im Grundsatz eine gute Sache (auch wenn man drüber streiten kann, ob das alles förderungswürdig ist, was da so läuft und wie transparent das abläuft).
Leider hat man die große Chance versäumt, dabei gleichzeitig das ganze System Datenschutzfreundlicher und günstiger zu gestalten.
Aber nein - Adresshandel und dubiose Methoden gehen ungebrochen weiter und die GEZ wird sogar noch vergrößert.