Veggie-Parade gegen Fleischkonsum: Tierischer Herdentrieb
Bei der Veggie-Parade machen Aktivisten auf den weltweiten Fleischkonsum und das Leiden der Tiere aufmerksam - verkleidet als Kühe und Schweine
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Die Menschentraube vor dem Brandenburger Tor würde zwischen den ganzen Touristen am Samstagvormittag kaum auffallen, wäre da nicht das überdimensionale Modell eines Schweins aus Pappmaschee. „Heute vegetarisch Essen“, prangt auf seiner Flanke, die bei einem richtigen Tier das Kotelettstück wäre. Davor tummeln sich rund 80 Menschen, die entweder ein Schweine- oder ein Kuhkostüm tragen. Es gibt ein paar tierische Umarmungen.
Bereits zum zweiten Mal machen Vegetarier und Veganer mit der Veggie-Parade auf die negativen Folgen des Fleischkonsums aufmerksam. Sowohl Umwelt, Tierwelt als auch die menschliche Gesundheit nehmen ihnen zufolge Schaden am heutigen Fleischverzehr. Zu den Veranstaltern zählen die Tierschutzorganisation Peta, die Albert-Schweitzer-Stiftung und der Vegeterarierbund Deutschland (Vebu).
"Es gibt heute viele Alternativen"
Elisabeth Burrer, Sprecherin des Vebu, will durch die Veranstaltung Aufmerksamkeit erzeugen. „Es geht darum, dass die Menschen über ihre Ernährungsweise nachdenken und sich deren Folgen bewusst werden“, so die 24-Jährige. Es gebe heutzutage so viele Alternativen, zum Fleisch, das Töten von Tieren sei schon lange nicht mehr notwendig. Burrers konkrete Forderung: „Weniger Fleisch essen!“
Zumindest die Aufmerksamkeit auf dem Pariser Platz ist der Demonstration unter dem Motto „Eat Peace“ gewiss. Die Menschenherde drapiert sich für eine Performance um ein 15 Quadratmeter großes Banner, das auf dem Boden liegt. Zu sehen ist ein Teller, auf dessen Mitte das Protestmotto geschrieben steht. An den beiden Rändern liegen Messer und Gabel.
Klaus Kinski im Hintergrund
Noch am Brandenburger Tor fordert einer der Organisatoren die Verkleideten auf, sich ausgestreckt hinzulegen und tot zu stellen, „damit die Menschen sehen, welche Opfer hinter ihrem Fleischkonsum stehen“. Schon liegen sie alle regungslos da. Im Hintergrund läuft Klaus Kinskis Lesung der Dichtung Afrikanischer Völker aus den 1960er Jahren: „Ich weiß ja, wie man einen Sklaven macht, aus einem jungen Ochsen.“
Manche Leute haben ihre Hände gefaltet. Während ein weinendes kleines Mädchen von ihrem Vater aus der skurrilen Szene gerettet wird, steht ein italienischer Tourist staunend daneben: „Bello, bravi.“
Nach der Aktion wendet sich Doren, Mitglied beim Vebu, an die rund 300 Demonstranten, „die die unsägliche Tierquälerei nicht mehr hinnehmen“. Als Mensch und Verbraucher habe man es selbst in der Hand. Die Ausmaße des Konsums von Fleisch und tierischen Produkten belegt sie mit ein paar beeindruckenden Zahlen: 950 Millionen Hühner würden jährlich in Deutschland geschlachtet, 30.000 Tonnen Milch getrunken. „Dabei ist der Mensch das einzige bekannte Lebewesen, das nach der Aufzucht noch Milch trinkt – sogar die einer anderen Art“, so Doren in ihrer Rede.
Belastung fürs Klima
Die Beweggründe ihrer Mitdemonstranten sind derweil recht ähnlich, obwohl sie eine bunte Gruppe bilden. Emily Mc Leod engagiert sich im Verein der Tierversuchsgegner Berlin Brandenburg und ist selbst Veganerin. „Ich möchte nach außen zeigen, dass es möglich ist, vegan zu leben. Das ist nicht nur für die Gesundheit gut, sondern hilft auch den Tieren.“ Vegetarierin Antje Malasius denkt auch an die klimatischen Belastungen, die durch massenhafte Tierhaltung und Transporte entstehen. „Die Demo ist für das Umdenken der Menschen nur ein kleiner Schritt.“
Vom Brandenburger Tor setzen sich der Musikwagen und die Demonstranten Richtung Alexanderplatz in Bewegung. „Kühe und Schweine vor, damit sie gut zu sehen sind“, lautet eine Anweisung. Und während der Demonstrationszug loszieht, dreht eine einsame Kuh mit weiteren Kostümen stoisch ihre Runden: „Will noch jemand ein Schwein sein?“
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