Vattenfall: Stoned im AKW
In Krümmel wurde erst spät nach falschen Dübeln gesucht. In Schweden waren Arbeiter beim AKW-Umbau betrunken.
![](https://taz.de/picture/422497/14/ma_kruemmel.jpg)
Atomkraftwerke und Alkohol gehören nicht zusammen. Nach Meldungen über alkoholisierte Beschäftigte im schwedischen AKW Forsmark hatte der Reaktorbetreiber Vattenfall hoch und heilig versprochen, dass dies nicht mehr passieren werde.
Doch am Mittwoch wurde bekannt, dass bei Stichprobenkontrollen am westschwedischen Atomkraftwerk Ringhals, das Vattenfall und Eon gemeinsam betreiben, in den letzten Wochen acht alkoholisierte Arbeiter erwischt und daraufhin entlassen wurden. In Ringhals wird derzeit der Reaktor 3 umgebaut, um die Leistung des betagten Kraftwerks zu steigern. In den provisorischen Unterkünften der Bauarbeiter aus ganz Europa und den USA werde viel getrunken, berichteten Medien.
Ringhals-Informationschef Torsten Bohl bestätigte, dass die Baustelle für acht Arbeiter wegen Alkoholkonsum gesperrt wurde. Auch Sicherheitschef Rickard Hallein konnte gegenüber dem Göteborgs-Posten "nicht hunderprozentig garantieren, das sich dort nicht jemand aufhält, der von Alkohol- und Drogen beeinflusst ist". Derzeit würden nur Stichproben durchgeführt; für den Herbst werde eine Einlasskontrolle mit lückenlosen Alkoholtests erwogen. Bohl betonte, dass sich keiner der alkoholisierten Arbeiter im Reaktorbereich aufgehalten habe. Betroffen seien nur "nichtnukleare" AKW-Bereiche.
Neuigkeiten gibt es auch aus dem deutschen Vattenfall-AKW Krümmel, wo ein Brand - in einer ebenfalls "nichtnuklearen" Trafostation - Ende Juni massive Sicherheitsprobleme ausgelöst hatte. Am Dienstag hatte der Betreiber mitgeteilt, dass dort 14 Dübel eingesetzt wurden, die nicht den sicherheitstechnischen Anforderungen genügen. Diese Entdeckung der nach Angaben des Kieler Sozialministeriums nicht erdbebensicheren Befestigungen kam allerdings reichlich spät: Die Gesellschaft für Reaktorsicherheit hatte nach ähnlichen Problemen mit Befestigungen im AKW Biblis schon im Juni vergangenen Jahres eine Nachricht an alle deutschen AKW-Betreiber und Aufsichtsbehörden verschickt.
Das schleswig-holsteinische Sozialministerium habe als zuständige Aufsichtsbehörde mit Blick auf die in Krümmel bevorstehende Revision beim Betreiber angefragt, wie es eigentlich um die Dübelproblematik stehe, sagte Ministeriumssprecher Oliver Breuer der taz. Erst danach informierte der Betreiber über fehlerhafte Befestigungen per Störfall-Mitteilung über ein "Meldepflichtiges Ereignis der Kategorie N". Laut Breuer mussten im Mai auch in Vattenfalls AKW Brunsbüttel 253 Dübel ausgetauscht werden. Auch dort beseitigte der Betreiber nicht von sich aus die fehlerhaften Befestigungen. Sie wurden bei der letzten Revision von Beamten der Atomaufsicht entdeckt.
Welche Konsequenzen die Pannenserie für Vattenfall haben kann, wird im Kieler Umweltministerium derzeit noch juristisch geprüft. Auch ein nachgewiesen unzuverlässiges Verhalten auf der Betreiberseite führt möglicherweise nur zum Auswechseln einzelner Personen, sagte Ministeriumssprecher Breuer. Man untersuche aber, ob es noch andere juristische Ansätze gibt.
Nach Angaben des niedersächsischen Umweltministeriums müssen die Betreiber Fachkunde und Zuverlässigkeit immer nur für konkrete Personen nachweisen, die sie für als atomrechtlich Verantwortliche für ihre Anlagen benennen. Bei AKW sind das in der Regel die Betriebs- und Bereichsleiter. Auch bei Atomskandalen der Vergangenheit führte deswegen Unzuverlässigkeit auf der Betreiberseite nur zum Auswechseln einzelner Personen.
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