: V–Mann vorerst in Haft
■ „Sicherungshaftbefehl“ erlassen / Zweimal „in Urlaub“ geschickt / Konspirative Wohnung des V–Schutz in Hannover
Hannover (taz) - Der am Dienstag in Lingen wegen illegalen Waffenbesitzes festgenommene V–Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes bleibt vorerst in Haft. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Osnabrück hat am Mittwoch abend auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Manfred Berger, der 1978 nach dem Celler Anschlag für den V–Schutz durch die Szene reiste, einen „Sicherungshaftbefehl“ erlassen. Da die Lingener Polizei im Auto zwei geladene Waffen und zahlreiches Einbruchswerkzeug gefunden hatte, hielt es die Strafvollstreckungskammer für wahrscheinlich, daß die Bewährung für die zweijährige offenstehende Reststrafe widerrufen wird. Berger, der bereits wegen versuchten Mordes vorbestraft war, als er in die Dienste des Landes Niedersachsen trat, war 1981 wegen 30 Delikten in Zusammenhang mit Autodiebstählen, die zum Teil in seine aktive V–Mann– Zeit fallen zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Wie der Sprecher des Innenministeriums in Hannover bestätigte, wurde 1985 eine Übereinkunft zwischen dem Verfassungsschutz, den Strafvollstreckungsbehörden und Berger ausgehandelt. Berger sicherte weiterhin Verschwiegenheit zu. Dafür wurde er nach zwei Dritteln seiner Strafe entlassen und ausgestattet mit Papieren und Geld vom Verfassungsschutz nach Uruguay ausgeflogen. Ein zweites Mal wurde Berger, so der Sprecher des Innenministeriums, „vom Verfassungschutz auf Urlaub geschickt“, als im April dieses Jahres bekannt wurde, daß er den Celler Anschlag verübt hatte. In dieser Zeit soll er sich zusammen mit seinem V–Mann Kollegen Loudil in der BRD erholt haben. Die echten falschen Papiere, die Berger bei seiner Verhaftung am Dienstag der Polizei präsentierte, lauteten auf den Namen Werner Lepolt, wohnhaft in Hannover Ihmepassage 2. Diese Papiere, so bestätigte gestern der Sprecher des Innenministeriums einen Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ), habe Berger bereits 1978 vom V– Schutz erhalten. In dem Hochhaus in der Ihmepassage, wo „Werner Lepolt“ gemeldet gewesen sei, habe der V–Schutz eine Wohnung angemietet, in die V–Leute einquartiert worden seien, darunter auch Werner Mauss. ü.o
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen