Urteil zum Urheberrecht: Kein Verstoß bei Karl Valentin
Laut dem Oberlandesgericht München muss ein Online-Versandhändler nicht für Inhalte von E-Books haften. Der Fall landet aber wohl vor dem BGH in Karlsruhe.
MÜNCHEN dpa | Internet-Versandhändler haften laut einem Urteil des Oberlandesgerichts München nicht für die Inhalte der von ihnen vertriebenen E-Books.
Der Senat verglich den Online-Vertrieb in seiner Entscheidung am Donnerstag mit dem Buchhandel, der auch nicht den Inhalt seines Sortiments auf etwaige Urheberrechtsverstöße abklopfen könne. „Keiner, der seine Urheberrechte verletzt sieht, wird gegen den einzelnen Buchhändler vorgehen“, sagte der Vorsitzende Richter Rainer Zwirlein.
Im konkreten Fall ging es um einen Sketch des bayerischen Komikers Karl Valentin. Dessen Enkelin Anneliese Kühn hält die Urheberrechte an seinen Werken. Im November 2011 entdeckte sie im „Kindle-Shop“ auf amazon.de das E-Book „Bitte warten! Das Wartebuch für Ungeduldige“ – und darin einen Auszug aus dem Sketch ihres Großvaters über den „Buchbinder Wanninger“.
Kühn sah darin eine Urheberrechtsverletzung und mahnte Amazon ab. Der E-Book-Titel wurde daraufhin aus dem Angebot entfernt, die geforderte Unterlassungserklärung gab Amazon aber nicht ab.
Richter leisten Pionierarbeit
Kühn klagte gegen die Amazon Media. Sie wollte so feststellen lassen, dass der Internet-Versandhandel für die von ihm vertriebenen elektronischen Bücher haftbar ist. Dies wurde nun vom Oberlandesgericht abgewiesen (Az.: 29 U 885/13). Schon vor dem Landgericht München hatte Valentins Enkelin im Januar eine Niederlage erlitten.
„Wir leisten hier ein bisschen Pionierarbeit“, sagte Richter Zwirlein. Für einen Unterlassungsanspruch gebe es mehrere mögliche Grundlagen, von denen hier aber keine greife. „Solange er's nicht weiß, haftet er nicht“, sagte Zwirlein über den Online-Versandhandel und mögliche Urheberrechtsverletzungen. Schuldhaft hätte der Händler nur gehandelt, wenn er auf die Abmahnung nicht reagiert hätte.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Problemstellung hat das OLG die Revision gegen seine Entscheidung zugelassen. Anwalt Peter Reinke kündigte auch sogleich an, vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu ziehen.
Auch der „Buchbinder Wanninger“ – eine der berühmtesten Figuren von Karl Valentin – wird im Sketch mehrfach weitergereicht. Er will von der Baufirma Meisel & Compagnie telefonisch Auskunft, wohin er seine Rechnung schicken soll, und stolpert von einem Ansprechpartner zum nächsten. Als er endlich am Ziel scheint, ist es zu spät: „Wir haben jetzt Büroschluss, rufen Sie doch morgen bitte wieder an.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?