Urteil zu Burschenschaften: Rechtsextremer bleibt Rechtsextremer
„Zulässige Meinung“: Das Landgericht Bonn entscheidet, dass der Chefredakteur der „Burschenschaftlichen Blätter“ als Kopf einer rechtsextremen Bewegung bezeichnet werden darf.
HAMBURG taz | Früher hätten Burschenschaftler einen solchen Streit vermutlich mit einem Duell geklärt. Später waren es dann zumeist verbandsinterne Gremien. Am Mittwoch aber hat das Landgericht Bonn entschieden, dass Christian J. Becker seinen Verbandsbruder Norbert Weidner, beide Mitglieder in der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn, als „höchstwahrscheinlich einer der Köpfe der rechtsextremen Bewegung“ bezeichnen darf, die aus Burschenschaften, NPD und Kameradschaften bestehe.
„Das ist ein erster Etappenerfolg in der Tour gegen rechtsextreme Burschenschaftler“, sagte Becker, Mitinitiator der Initiative Burschenschafter gegen Neonazis, der taz. In der Begründung legten die Bonner Richter dar, dass Beckers Zuschreibung zu Weidner, Chefredakteur der einflussreichen Burschenschaftliche Blätter, eine „zulässige Meinungsäußerung“ sei. Das Gericht entschied zudem, dass Becker weiterhin sagen darf, dass Weidner mit Kartellburschenschaften die Gründung einer rechtsextremen Studentenpartei nach dem Vorbild des österreichischen Ring Freiheitlicher Studenten anstrebe. Er darf allerdings nicht mehr behaupten, Weidner hätte eine E-Mail vom ihm gehackt.
„Dies kann ich verschmerzen“, sagte Becker. Entscheidend sei vielmehr, dass „erstmals ein Burschenschaftler per Gerichtsbeschluss wegen rechtsextremer Tendenzen“ ausgemacht wurde. In der 200-jährigen Geschichte der Burschenschaften sei das Urteil ein Meilenstein, so Becker. „Wer sich wie Herr Weidner über Jahre entsprechend positioniert, der muss mit auch zuweilen heftiger Kritik leben“, sagt Beckers Anwalt Ali Özkan und betont: „Anders als Herr Weidner selbst, hat das Gericht die politische Dimension des Prozesses erkannt.“
Massiver Nachhall
In der Deutschen Burschenschaft, in der über 120 Burschenschaften vereint sind, dürfte die Entscheidung massiv nachhallen. Schon beim Burschentag 2012 im Juni in Eisenach führten Weidners Positionen zu starken Verstimmungen. Hatte er doch in der Mitgliederzeitung der „Raczeks“ dargelegt, dass die Hinrichtung des Nazi-Widerstandskämpfers und Theologen Dietrich Bonhoeffer „rein juristisch gerechtfertigt“ und Bonhoeffer „zweifelsfrei ein Landesverräter“ gewesen sei. Fast 600 Burschenschaftler hatten Weidner in einem Aufruf kritisiert, ein Misstrauensantrag gegen den Chefredakteur der Burschen-Blätter lag vor. Die Mehrheit bestätigte damals aber Weidner im Amt, die Minderheit verließ die Versammlung.
Ein Pyrrhussieg befürchtete selbst die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit. Denn mit der Bestätigung könnte die Deutsche Burschenschaft weiter gespalten wurden sein. Liberalere Burschenschaften suchen auch längst die Distanz zu dem Dachverband. Mit dem Urteil gegen Weidner hofft dessen Gegner Becker, die Kritik am Rechtstrend weiter forcieren zu können.
Das Urteil ist denn auch mehr als eine persönliche Niederlage. „Wir warten die schriftliche Begründung ab“, antwortet Weidner auf die Frage der taz, ob er Rechtsmittel einlegen will. Bei der Deutschen Burschenschaft ist man auch zurückhaltend. Pressesprecher Walter Tributsch sagt nur, dass vom 23. bis 26. November in Stuttgart ein außerordentlicher Burschentag stattfinden soll. Ob dort die Personalie Weidner neu verhandelt wird, ließ er offen.
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