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Urteil im Scheinehe-ProzessBülent Çiftlik muss ins Gefängnis

Das Landgericht Hamburg verurteilt den Ex-SPD-Politiker Bülent Çiftlik zu zweieinhalb Jahren Haftstrafe. Der Prozess dauerte über fünf Jahre.

Der frühere SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Bülent Çiftlik muss jetzt ins Gefängnis Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Kurzen Prozess haben sie mit ihm nicht gemacht. Über fünf Jahre dauerte das Verfahren vor dem Hamburger Landgericht gegen Bülent Çiftlik, das allerdings nach einer Unterbrechung ab Oktober 2015 noch einmal ganz neu aufgerollt wurde.

Am Montag fand der Mammut-Prozess nun ein Ende: Der Ex-Sprecher der Hamburger SPD und spätere Bürgerschaftsabgeordnete wurde von der 6. Großen Strafkammer zu zweieinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilt, wobei aufgrund der langen Verfahrensdauer ein halbes Jahr als verbüßt gilt.

Nach 66 Verhandlungstagen, an denen 54 ZeugInnen gehört wurden, sprach die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Heiko Hammann Çiftlik schuldig, einem türkischen Freund eine Scheinehe vermittelt zu haben, um dessen Aufenthalt zu sichern. Als die Sache aufflog, habe er im folgenden Gerichtsverfahren Zeugen zu Falschaussagen überredet und diese sogar mit ihnen einüben lassen.

Auch seien auf seine Veranlassung hin oder gar von ihm selbst Mails gefälscht und in Umlauf gebracht, aber auch weitere Beweismittel manipuliert worden. Durch die „Vertuschung eines Fehlers“, so Richter Hammann, habe der Angeklagte versucht, „seinen Freispruch und damit seine politischen Karriere- und Lebensziele zu erreichen“. Dabei habe er sich immer mehr in ein komplexes Lügenkonstrukt verstrickt, aus dem es für ihn schließlich kein Entkommen mehr gab.

Çiftlik sei nicht, wie von der Verteidigung nahegelegt, Opfer der Verschwörung zweier Frauen gewesen, die sich aus enttäuschter Liebe rächen wollten und ihn deshalb belastet, ihm sogar selbst begangene Straftaten in die Schuhe geschoben hätten. „Diese Hypothese lässt sich nur halten, wenn man bestimmte Beweismittel nicht würdigt“, sagt Hammann. Staatsanwaltschaft und Verteidigung können nun Revision gegen das Urteil einlegen.

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