Urteil gegen Daimler: EuGH nimmt Konzern in die Pflicht
Der Europäische Gerichtshof stellt fest, dass Daimler die Aktionäre unzureichend über Interna informiert hat. Gleichzeitig werden dem Konzern Kartellabsprachen vorgeworfen.
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STUTTGART/LONDON/LUXEMBURG rtr/afp/dpa | Die Rücktrittspläne des damaligen Chefs von DaimlerChrysler, Jürgen Schrempp, im Jahr 2005 waren börsenrelevante Insider-Informationen, über die die Finanzmärkte hätten informiert werden müssen.
Nicht nur der Rücktritt selbst, sondern auch davor liegende Zwischenschritte wie etwa Gespräche dazu im Aufsichtsrat könnten Einfluss auf Aktienkurse haben, begründete der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg sein am Donnerstag verkündetes Urteil. (Az: C-19/11)
Der Hintergrund: Schrempp hatte Mitte Mai 2005 mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper über seinen beabsichtigten Rücktritt gesprochen, der dann Dieter Zetsche als möglichen Nachfolger und andere Spitzenmanager einweihte. Nachdem der Aufsichtsrat dann dem vorzeitigen Ausscheiden Schrempps am 28. Juli zustimmte und dies in einer Ad-hoc-Mitteilung bekanntgab, zogen die Aktien des Konzerns deutlich an.
Der Kläger des Musterverfahrens hatte seine Aktien jedoch kurz zuvor verkauft und macht Schadenersatz geltend, weil die Information zum Schrempp-Rücktritt zu spät veröffentlicht worden sei. Nun haben er und zahlreiche weitere Kläger gute Aussicht auf Schadenersatz.
Der Autobauer kann die Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Stärkung der Rechte von Aktionären zunächst nicht abschätzen. Eine Unternehmenssprecherin sagte am Donnerstag in Stuttgart, der Richterspruch liege noch nicht vor. „Wir werden die Urteilsgründe dann analysieren. Es bleibt abzuwarten wie der Bundesgerichtshof auf der Grundlage des EuGH-Urteils entscheidet.“
Noch mehr Ärger
Daimler soll außerdem nach Ermittlungen der britischen Wettbewerbsbehörde OFT gemeinsam mit mehreren Lkw- und Transporter-Händlern illegale Absprachen getroffen haben.
Nach den bisherigen Untersuchungen hätten Daimler und fünf Mercedes-Benz-Händler zwischen 2007 und 2010 Preise abgesprochen und sensible Geschäftsdaten ausgetauscht, teilte das Office of Fair Trading (OFT) am Donnerstag mit. Der Autobauer habe die in Nord-England, Schottland und Wales ansässigen Händler bei ihren Absprachen unterstützt. Daimler und die Händler hätten nun Gelegenheit zur Stellungnahme, bevor die Behörde entscheide, ob geltenden Wettbewerbsregeln verletzt worden seien.
Die britische Mercedes-Benz-Tochter wollte sich nicht zu den Anschuldigungen äußern. Die Vorwürfe würden geprüft.
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