Urteil des Verfassungsgerichtes: Vaterglück darf nicht erzwungen werden
Eltern dürfen nicht zum Umgang mit ihrem unehelichen Kind gezwungen werden. Das entschied das Verfassungsgericht im Fall eines Vaters, der gegen Besuchszwang geklagt hatte.
FREIBURG taz Ein Vater, der sein Kind nicht sehen will, hatte gestern vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg. Die gesetzliche Umgangspflicht sei zwar mit dem Grundgesetz vereinbar, sie dürfe in der Regel aber nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Die Richter argumentierten dabei mit dem Wohl des Kindes.
Geklagt hatte ein verheirateter Mann aus Brandenburg. Er hatte mit seiner langjährigen Geliebten einen heute neun Jahre alten Jungen gezeugt. Als seine Ehefrau von der Beziehung erfuhr, setzte sie deren Ende durch. Die Exgeliebte wollte aber, dass der Mann zumindest Kontakt zu seinem Kind hält. Als der Vater sich weigerte, verklagte sie ihn im Namen des Kindes.
Der Mann, der Unterhalt bezahlt, sagte, er wolle darüber hinaus seine Ehe nicht belasten. Für den Fall, dass er das uneheliche Kind treffe, habe ihm seine Frau mit Trennung gedroht. Da er das Kind noch nie gesehen habe, sei er auch persönlich an einem Kontakt nicht interessiert. Bei einem erzwungenen Kontakt würde er seinen Sohn ignorieren.
Dennoch drohte ihm das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro an. Es berief sich auf das Bürgerliche Gesetzbuch: "Jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt", heißt es seit zehn Jahren in Paragraph 1.684.
Die Zwangsgelddrohung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts gestern aufgehoben. Das OLG muss nun erneut über den Fall entscheiden. Die Richter machten aber Vorgaben für die verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes.
Grundsätzlich bestätigte das Gericht die Umgangspflicht von Eltern mit ihrem Kind. Diese entspreche dem Grundgesetz, das eine Elternpflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes festschreibe. Diese Pflicht bestehe nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber dem Kind. Die 1997 eingeführte Umgangspflicht verfolge deshalb "legitime Zwecke".
Eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht sei jedoch in der Regel "nicht geeignet", das Wohl des Kindes zu fördern, so die Richter. Wenn das Kind nicht die mit dem Umgang bezweckte Zuwendung erfährt, sondern Ablehnung und Widerwillen, dann könne dies das Selbstwertgefühl beschädigen. Immerhin erfahre es hier die Ablehnung nicht von irgendjemand, sondern von einem Elternteil.
Allerdings hält das Verfassungsgericht auch Ausnahmen für möglich. Zwangsgeld soll doch angedroht werden können, wenn dem Kind zugetraut wird, dass es durch sein "offenes und freundliches Wesen" den Widerstand des ablehnenden Elternteils aufbrechen kann. Auch bei einem Kind, das sich in den Kopf gesetzt hat, den abweisenden Elternteil kennen zu lernen, könne es besser sein, diesen Kontakt zumindest ein Mal zu erzwingen.
Im konkreten Fall wird derzeit wohl keine Ausnahme in Frage kommen. Das Kind lebt schon seit Oktober 2006 in einer betreuten Wohngruppe, weil die Mutter mit der Erziehung überfordert war. Nach Angaben des Jugendamts frage der Junge nicht nach seinem Vater und es gehe zunächst darum, den Kontakt zur Mutter zu stabilisieren (Az.: 1 BvR 1620/04).
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