Urteil des Bundessozialgerichts: Schönheit-OP "tätlicher Angriff"

Kommt es bei Schönheitsoperationen zu Fehlern, so kann dies nicht nur als "vorsätzliche Körperverletzung", sondern gar als "tätlicher Angriff" gewertet werden. Das entschied das Bundessozialgericht.

Schönheits-OPs als Kunstprojekt: Orlan setzt seit 1978 den eigenen Körper als Material ein. Bild: ap

KASSEL apn | Eine ungenügende ärztliche Aufklärung besonders bei Schönheitsoperationen kann einen Anspruch auf staatliche Opferentschädigung nach sich ziehen. Das entschied am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Es erkannte damit erstmals einen ärztlichen Kunstfehler als Fall für das Opferentschädigungsgesetz an. (Az: B 9 VG 1/09 R)

Laut Gesetz hat Anspruch auf Entschädigung, wer Opfer eines "vorsätzlichen tätlichen Angriffs" wurde. Die Versorgungsbehörden kommen dann zunächst für die Heilbehandlung auf und zahlen in schweren Fällen auch eine Rente. Soweit wie möglich versuchen sie, sich vom Täter und gegebenenfalls dessen Versicherung das Geld zurückzuholen.

Im Streitfall hatte sich eine damals 46-jährige, stark übergewichtige Frau Fett absaugen lassen. Der operierende Gynäkologe informierte sie nicht, dass der Eingriff wegen Vorerkrankungen an Herz, Lunge und Kreislauf mit erheblichen Risiken verbunden war. Die Operation ließ zwei große Narben zurück, ob es andere dauerhafte Folgeschäden gibt, ist noch offen.

Vorsorglich verlangte die Frau, die Operation als "tätlichen Angriff" anzuerkennen. Zugleich ging die Staatsanwaltschaft gegen den Gynäkologen vor. Das Landgericht Aachen verurteilte ihn 2002 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in 46 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt fünf Jahren.

Strafrechtlich wird jede Operation, für die die Einwilligung "erschlichen" wurde, als vorsätzliche Körperverletzung gewertet. Das BSG nahm den Streit daher zum Anlass, seine Rechtsprechung zum "tätlichen Angriff" fortzuentwickeln. Danach führt eine unzureichende Aufklärung nicht immer zu einem Anspruch auf Opferentschädigung.

Voraussetzung sei zudem, dass der Eingriff "in keiner Weise dem Wohl des Patienten gedient hat". Davon sei bei Schönheitsoperationen in der Regel auszugehen. Im Streitfall hatten die Gerichte festgestellt, der Gynäkologe habe allein aus finanziellen Motiven heraus gehandelt.

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