Urban Gardening: Nomaden wollen Wurzeln schlagen
Der Prinzessinnengarten will langfristig planen können, um den Kiez am Moritzplatz mit seinen Nachbarn neu zu gestalten. Die zuständige Senatorin hat sich hier aber noch nicht blicken lassen
Der Prinzessinnengarten am Moritzplatz ist ein Idyll auf Abruf: Alles ist provisorisch, die tragbaren Behältnisse der Pflanzen, das Container-Café - und der Mietvertrag. Seitdem die urbanen Gärtner von Nomadisch Grün e. V. im Sommer 2009 auf die Brachfläche an der Prinzessinnenstraße zogen, müssen sie jährlich beim Liegenschaftsfonds um Verlängerung des einjährigen Mietvertrags bitten. Demnächst stehen wieder Verhandlungen an, Beobachter des Areals gehen davon aus, dass auch 2012 weiter gegärtnert werden kann, da das Gelände derzeit noch nicht vermarktet wird.
Marco Clausen von Nomadisch Grün sagt, er sei "zwangsläufig optimistisch", ein weiteres Jahr bleiben zu können. Doch vom Gärtnern auf Abruf haben Clausen und sein Mitstreiter Robert Shaw genug. "Wir wollen langfristiger planen können", sagt Clausen. Um als gemeinnütziger Verein Fördermittel sinnvoll einsetzen zu können, brauche man Mietsicherheit für drei bis fünf Jahre. Es müsse ja nicht unbedingt der Moritzplatz sein, "wir können uns auch vorstellen, woanders hinzugehen - solange es im Innenstadtbereich ist". Da ein Drittel der Vereinseinnahmen aus der Gastronomie kommen und frisch gepflückter Wildkräutersalat und Wurzelsaft eher eine junge, ökobewusste Klientel ansprechen, wäre "eine Fläche in Marzahn eher nicht hilfreich".
Das Projekt erfreut sich seit seiner Gründung großer Beliebtheit bei Anwohnern und Presse. Als besonders vorbildlich gelten die gartenpädagogischen Angebote für Jugendliche und die Beetpartnerschaften für Städter, die sich keinen eigenen Garten leisten können. Trotzdem gab es für den als Zwischennutzung gestarteten Garten bislang keinerlei offizielle Unterstützung. Einziger Ansprechpartner für die Gärtner ist der Liegenschaftsfonds, der im Auftrag des Landes die Brachfläche am Moritzplatz vermarktet. Der Auftrag des Liegenschaftsfonds ist aber einzig, leerstehende Flächen möglichst gewinnbringend zu vermarkten.
Vielversprechenden Projekten wie dem Prinzessinnengarten eine Perspektive zu geben, ist eigentlich Sache der Stadtentwicklungsverwaltung. Doch Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) habe sich noch nie im Garten blicken lassen, sagen Clausen und Shaw - anders als der grüne Bezirksbürgermeister Franz Schulz, der sich sehr engagiere.
Aus ihren bescheidenen Anfängen mit ein paar Pflanzkübeln hat sich Nomadisch Grün inzwischen zu einem entscheidenden Akteur für den Kiez entwickelt. Wenn sie bleiben dürfen, wollen die Gärtner diese Rolle in Zukunft ausweiten: "Wir würden gern einen echten Bürgerbeteiligungsprozess anschieben - und die Anwohner fragen, welche Bebauung, welche Verkehrsplanung und welche Infrastruktur sie sich in Zukunft wünschen", sagt Clausen. Man sei bereits im Gespräch mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung und der Uni Wuppertal. Mit lokalen Aktivisten aus dem benachbarten Aufbauhaus ist man ohnehin bestens vernetzt, auch mit der diesen Samstag eröffneten Eisenbahnmarkthalle, wo der Garten mit einem Stand vertreten ist.
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