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Archiv-Artikel

„Unverständlich und unbefriedigend“

Barbara Oesterheld, Grünen-Mitglied im Bankenuntersuchungsausschuss, kritisiert den späten Prozessbeginn

taz: Frau Oesterheld, nach drei Jahren Bankskandal beginnt der erste große Strafprozess. Warum dauerte das so lange?

Barbara Oesterheld: Das Problem ist offenbar die Terminierung bei den Gerichten. Auch wir Parlamentarier können den Richtern ja keine Terminvorgaben machen. An der Kompliziertheit des Verfahrens, die man in anderen Fällen konstatieren muss, kann es jedenfalls kaum liegen.

Warum nicht?

Weil es ein relativ einfacher Fall ist. Wir haben eine Tat, die eindeutig einzelnen Personen zuzuordnen ist. Die Angeklagten haben geheime Freistellungserklärungen für Strohleute unterschrieben, die dann nicht in der Jahresbilanz auftauchten. Dass das Verfahren so lange gedauert hat, ist für mich unverständlich und unbefriedigend.

Was erwarten Sie nun?

Da der Vorgang so eindeutig ist, wird es zu einer Verurteilung kommen müssen. Ich befürchte aber, dass die Höhe der Strafe keinem so richtig wehtun wird.

Die Strafandrohung für Bilanzfälschung ist gering. Ist das Strafrecht in puncto Wirtschaftskriminalität zeitgemäß?

Unser Wirtschaftsstrafrecht ist mehr als hundert Jahre alt. In der Bundesrepublik gibt es selten Prozesse gegen Vorstände, gegen Aufsichtsräte oder Wirtschaftsprüfer – es sei denn, sie haben direkt in die Kasse gegriffen. Die Grauzone der Wirtschaftskriminalität, die zurzeit zunimmt, wird durch das Wirtschaftsstrafrecht nicht abgebildet. Ein Zufall ist das sicher nicht.

Hat dies die Vorgänge bei der Bankgesellschaft begünstigt?

Dass die Verantwortlichen keine oder kaum Konsequenzen fürchten müssen, ist sicherlich maßgebend gewesen. Zumal sie sich nicht so banale Fehler wie ein Ladendieb leisteten. Dafür gibt es gute Rechtsanwälte, die komplexe juristische Konstruktionen entwickeln.

Empfinden Sie den Prozessbeginn nun als Befriedigung?

Ich finde den Prozess überfällig, aber befriedigend ist er nicht. Letztlich handelt es sich immer noch um Randerscheinungen, die die Milliardenverluste der Bankgesellschaft nicht begründen. Und die Suppe löffeln, trotz des Prozesses, nicht die Verantwortlichen aus, sondern die Bürger und Bürgerinnen der Stadt.

INTERVIEW: RICHARD ROTHER