■ Mit Flutkatastrophen auf du und du
: Unvermeidbare Welle

Berlin (taz) – In den Quellgebieten von Oder, Weichsel und Elbe waren teilweise über 500 Liter Regen auf den Quadratmeter gefallen, das heißt mehr als einen halben Meter hoch. „Bei derartigen Niederschlägen gibt es keinen Hochwasserschutz in den Gebieten, wo der Regen fällt“, lautet der Kommentar von Georg Rast, Wasseringenieur am WWF-Aueninstitut. „Spätestens nach 50 Millimetern ist Schluß mit der Versickerung, auch auf naturbelassenen Böden.“ Weite Flußauen vermindern aber die Flutwelle. So rechnet Rast nicht mit katastrophalen Hochwassern an der unteren Oder, weil spätestens auf der Höhe der Warthemündung bei Küstrin riesige Ausweichflächen für das Wasser zur Verfügung stehen.

Die eigentlich kleine Mach zum Beipiel wälzt sich derzeit Richtung Slowakei und Österreich, wo sie sich in die Donau ergießt. Sie gilt unter Forschern als eines der intaktesten Auengebiete Mitteleuropas und überschüttet nun trotzdem die Anwohner mit Schlamm und Wasser. Wasseringenieur Rast sieht trotzdem einen Vorteil im natürlichen Flußlauf: „Dank der großen Auengebiete läuft das Wasser der Mach langsamer ab als das der benachbarten Zuflüsse der Donau.“ Den dortigen Anwohnern bleibt auf diese Weise wohl die Flut erspart.

Nicht nur ungenügend, sondern sogar schädlich sind bei derartigen Mammutregen die Rückhalte-Stauseen. Zum Beispiel mußte das Becken bei Hradec Králové, dem ehemaligen Königgrätz, auf dem Maximum der Flut geöffnet werden, weil es überlastet war. So wird die Flutwelle durch Stauseen verstärkt.

Im etwa 400 Kilometer langen Oberrheintal wäre die Situation bei vergleichbaren Regenfällen ebenfalls katastrophal. „Da wären auch Mannheim und die BASF Land unter“, meint Georg Rast. Der Schaden läge nach einem Gutachten des Landes Baden- Württemberg bei etwa 12,5 Milliarden Mark. Gert Klaiber, der Leiter der dortigen Gewässerdirektion in Lahr, forderte die notwendigen Mittel für den Bau von Rückhalteräumen. Im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms soll zwischen Breisach und Mannheim die ehemalige Auenlandschaft wieder renaturiert werden.

In den letzten Jahrzehnten gab es im Rheingebiet ab und an Niederschläge von 100 Millimetern und weit darüber. Aber alle paar hundert Jahre ist laut Rast mit einer wirklich großen Flut zu rechnen: „In den Altstädten von Würzburg am Main oder Cochem an der Mosel sind die alten Höchststände noch zwei Meter über denjenigen, die heute als ,Jahrhundertfluten‘ bezeichnet werden.“ rem