Untersuchung in Uiguren-Provinz: VW will Werk in China prüfen
Lange wehrte sich Volkswagen, Verantwortung für die Menschenrechte in seiner Fabrik in der Uiguren-Provinz zu übernehmen. Nun wird untersucht.
![Demonstranten eines Aktionsbuendnis von Klimaaktivisten mit Masken von Staatsoberhaupt Chiun Xi Jinping und Oliver Blume Demonstranten eines Aktionsbuendnis von Klimaaktivisten mit Masken von Staatsoberhaupt Chiun Xi Jinping und Oliver Blume](https://taz.de/picture/6344855/14/32805720-1.jpeg)
Im Jahr 2013 hatte VW zusammen mit dem chinesischen Staatskonzern Saic eine Montagefabrik in der Stadt Urumqi eröffnet. Die Investition war wohl auch auf politischen Druck zustande gekommen, um Jobs in die entlegene nordwestchinesische Provinz zu bringen. Rund 700 Menschen arbeiten hier, etwa ein Viertel davon sollen zur unterdrückten Gruppe der Uiguren gehören.
Für VW ist China überlebenswichtig, dort werden 40 Prozent der Fahrzeuge von Europas größtem Autokonzern verkauft. Noch im Mai hatte China-Chef Ralf Brandstätter bei der VW-Hauptversammlung betont, er habe bei einem Besuch in Xinjiang keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen entdeckt. Protestierende hielten ihm dort Plakate entgegen. Aufschrift: „Uigurische Zwangsarbeit bei VW beenden“.
Doch nun könnte das Thema wirklich gefährlich für VW – und seine Konkurrenten – werden. Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) hat Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingereicht. Die Unternehmen hätten bisher nicht belegt, dass sie „angemessen“ auf das Risiko von Zwangsarbeit in Zulieferfabriken in der Uiguren-Region reagierten, so das ECCHR am Mittwoch.
Menschenrechte auch in Lieferketten
Allerdings sind Konzerne seit Anfang 2023 durch das Lieferkettengesetz dazu verpflichtet, neben dem Schutz der Umwelt auch für Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten zu sorgen. Auch Firmen, die im Ausland produzieren, müssen Verantwortung für Produktionsverfahren und Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern übernehmen.
Die Betroffenen sind skeptisch, wie ernst VW seine Ankündigung meint: „Es ist wichtig für uns zu sehen, dass VW unsere Beschwerden ernst nimmt“, sagt Eva Stocker vom Weltkongress der Uiguren zur taz. Allerdings zweifelt sie, ob eine unabhängige Untersuchung der Menschenrechtslage in Xinjiang überhaupt möglich ist. „Kein Uigure dort kann frei sprechen. Es ist wie in einem Freiluftgefängnis.“ Eigentlich müsste sich VW aus Xinjiang komplett zurückziehen. Ähnliches gelte für die anderen von der ECCHR-Beschwerde betroffenen deutschen Autokonzerne, die aus der Region Kupfer oder Stahl beziehen.
„Ein Audit in der Region kann nicht effektiv sein“, betont auch Tilman Massa, Co-Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionäre, der die Beschwerde wegen des Lieferkettengesetzes wie die Uigurenvereinigung unterstützt. Das habe auch der TÜV erkannt und sich deshalb vor drei Jahren dort zurückgezogen. VW habe zudem nicht transparent gemacht, was genau untersucht werden solle, kritisiert Massa. Er erwartet, dass Investoren künftig auf noch mehr Transparenz auch bei den Lieferketten pochen. Neue Untersuchungen belegten, welche Zulieferer genau problematisch seien. Diese müssten von VW ausgeschlossen werden.
Tatsächlich werden auch für Investoren Menschenrechte immer wichtiger bei ihren Anlageentscheidungen. Zwangsarbeit in der Lieferkette ist häufig klares Ausschlusskriterium. Deshalb hat VW im Nachhaltigkeitsrating des Finanzdienstleisters MSCI bereits Minuspunkte wegen möglicher Verstöße gegen Sozialstandards in Urumqi bekommen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben