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Unterstützung für GeburtshelferinnenHebammen starten Online-Petition

Freiberufliche Hebammen sollen künftig viel höhere Versicherungen zahlen. Dagegen hat der Hebammenverband eine Online-Petition gestartet. 90.000 haben schon unterschrieben

Der Stundenlohn freiberuflicher Hebammen beträgt rund 7,50 Euro. Bild: dpa

BERLIN taz | Freiberufliche Hebammen sollen ab 1. Juli eine höhere Berufshaftpflichtversicherung zahlen. Bislang kostet diese nach Angaben des Deutschen Hebammenverbandes in Karlsruhe 2.300 Euro im Jahr, künftig sollen es 3.700 Euro sein. Durch die höheren Haftpflichtprämien werden Hebammen gezwungen, die Geburtshilfe aufzugeben, kritisiert der Hebammenverband. Damit sei eine flächendeckende Versorgung bei der Geburtshilfe nicht mehr gewährleistet.

Vor einer Woche startete der Verband eine Online-Petition. Bis Mittwoch haben 89.580 Menschen im Internet den Einspruch gegen die Erhöhung der Kosten unterschrieben. Nun muss sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit dem Problem befassen. Die dafür nötigen 50.000 Unterschriften waren schon nach wenigen Tagen zusammengekommen.

Grund für die Erhöhung der Versicherungsprämie sind die gestiegenen Schadensersatzansprüche vor allem von Krankenkassen, die sich gegen teure Behandlungsfälle absichern wollen.

Bereits 10 Prozent der freiberuflichen Hebammen verdienen nach Angaben des Berufsverbandes schon heute ihr Geld nicht mehr damit, Babys auf die Welt zu bringen, sondern verstärkt mit den Vor- und Nachbereitungen von Geburten und mit Schwangerschaftskursen. Durch die gestiegene Versicherungsprämie sei absehbar, dass noch mehr Hebammen "sich aus dem Kernbereich ihres Berufes zurückziehen", heißt es auf der Verbands-Homepage.

Der Stundenlohn freiberuflicher Hebammen beträgt rund 7,50 Euro. "Das ist eindeutig zu wenig", sagte Ulrike Geppert-Orthofer, Vorsitzende des Hebammenverbandes Baden-Württemberg, der taz. "Nur wer bis zu 70 Stunden in der Woche arbeitet, kann davon leben." Die erneute Erhöhung der Haftpflichtprämie verschärfe das Problem weiter. Noch 1992 betrug die zu bezahlende Versicherungprämie erst rund 179 Euro.

Für den 26. Mai ist ein Gespräch zwischen dem Hebammenverband und Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) in Berlin geplant.

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5 Kommentare

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  • T
    Tomate

    Liebe Hebammen: ich habe wenig Sympathie für Eure Petition! Und ich hoffe, dass Ihr sowenig Unterschriften bekommt wie möglich. Und bitte hiermit um Euer Verständnis:

     

    Unsere Kleine kam vor einigen Wochen in einem sehr hochklassigen Krankenhaus zur Welt, und wir sind heilfroh, dass wir uns vorher von niemandem zu einer Heim- oder Geburtshaus-Entbindung hatten überreden lassen. Die Geburt war mit großen Komplikationen verbunden. Ohne hochqualifizierte ärztliche Hilfe und Gerätschaft wäre meine Frau wohl in meinen Armen verblutet, und unsere geliebte Tochter, mit der wir heute sehr glüclich sind und die mittlerweile begonnen hat, mit hellwachen Augen die Welt zu erkunden, wäre jetzt entweder ganz tot, oder aufgrund der starken Hypoxie nur noch glotzendes Gemüse.

     

    Wir mussten dann nach einer Hebamme für die Nachsorge suchen (ein vorheriges Arrangement hat doch nicht geklappt), und dabei kam es zu einigen Gesprächen mit Hebammen nach dem folgenden Tenor: Oh, die arme Frau, das arme Kind. Ja, was kann man bei einer Krankenhausgeburt schon anderes erwarten. Die böse Gerätemedizin! Eine Hebamme hätte die Geburt natürlich so geleitet, dass es gar nicht erst zu Komplikationen gekommen wäre. "Das ist eine Tatsache." Aber klar doch. Wie der Weihnachtsmann und der Osterhase.

     

    Bei dieser Geburt waren übrigens zwei Hebammen beteiligt - wir hatten dem zugestimmt, dass eine junge Dame in Ausbildung bei uns zum ersten Mal in ihrer Karriere mithelfen darf, unter Supervision einer älteren Kollegin natürlich. Und wir wollen uns keinesfalls über die Damen beschweren, sie haben ihre Arbeit gut gemacht. Aber das konnten sie nur deshalb, weil ihnen gute Ärzte und hochentwickelte Technik zur Seite bzw. Verfügung standen!

     

    Nein: der Beruf der Hebamme ist sehr wichtig, keine Frage. Aber bitte nur im Rahmen einer guten Krankenhausbehandlung, also keinesfalls freiberuflich, sondern nur als Fachangestellte im Gesundheitswesen - oder als Nachsorge-Hebamme, wofür wir übrigens ebenfalls sehr dankbar sind.

     

    Dieses "alternative" Entbindungswesen, dieser Zug zur "natürlichen", also krankenhausfernen Entbindung: das ist doch völlig irrational, ein Rückschritt in eine vormoderne, vorzivilisierte Zeit, wo man den Arzt erst dann kommen ließ, wenn die Gebärende schon halb tot war. Und besonders schlimm und gefährlich ist, dass auf diese (kommerzialisierte) Natur-Romantik besonders erstgebärende Mütter jenseits der 30 hereinfallen, also gerade die Gruppe, bei der es statistisch gesehen die meisten Komplikationen gibt. Gerade die, die eine Krankenhausgeburt am nötigsten hätten!

     

    Bitte, bitte: lassen wir dieses Geburtshaus- und Hausgeburts-Unwesen auf natürliche Weise sterben - indem es sich nämlich finanziell einfach nicht mehr lohnt.

  • S
    Steffi

    Rod? Ist das dein Ernst? Also hast du den geboren oder eine Hebamme?

    Kleiner Scherz.

     

    Die Anwort ist: Weil freiberufliche Hebammen systemrelevant sind.

  • R
    Rod

    Wo ist das Problem? Ich mußte meinen Beruf als Versicherungsvertreter aufgeben.

    1. Weil mir die telefonische Kundenwerbung verboten wurde,

    2. weil mir durch die Umsetzung der EU-Richtlinien eine teure Haftpflichtversicherung aufgezwungen wurde, dich ich mir nicht leisten konnte.

     

    In der Konsequenz mußte ich meinen Beruf aufgeben. Warum sollte es Hebammen anders gehen?

  • J
    Jan

    Petition unterschreiben unter:

    http://www.hebammenverband.de/index.php?id=1342

     

    !!!

  • DW
    Der Weise

    Zitat VON MICHAEL GÜCKEL

     

    "...Dabei zeigt die ganze Gebärkunstaktion mehr als deutlich: Es kommen in Deutschland bei weitem nicht zu wenige Menschen zur Welt - es sind einfach nur die falschen."""

     

    So ein Unsinn! Die erforderliche Fertilitätsrate liegt bei einer Stabilisierung ohne Bevölkerungsverlust bei 2,1. Deutschland belegt aber europaweit einen der hinteren Plätze mit deutlich unter 1,5. Selbst die Immigranten sind nicht in der Lage, einen nennenswerten Beitrag zur Verbesserung der Geburtenrate beizusteuern.

    Das Hauptproblem liegt nicht nur in der fehlenden Bereitschaft zur Schwangerschaft, ein weiterer wichtiger Grund ist in der Tatsache zu sehen, dass immer mehr Frauen zu Spätgebärenden werden und damit Generationssprünge provozieren.