Unterschiede nehmen zu: Ostdeutsche sind ärmer dran
Im Durchschnitt hat jeder Haushalt in Ostdeutschland 2.292 Euro pro Monat zur Verfügung, im Westen sind es 3.056 Euro. Seit 2003 sind die Unterschiede stärker geworden.
BERLIN taz | Die Menschen in Deutschland haben in diesem Jahrzehnt reale Einkommenseinbußen hinnehmen müssen; zudem hat sich die Schere bei den Einkommen zwischen Ost- und Westdeutschland wieder geöffnet. Das sind Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, die das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Berlin vorstellte.
Für die umfangreiche Studie, die alle fünf Jahre erstellt wird, werten die Statistiker detaillierte Angaben von knapp 60.000 Haushalten aus. Die Studie wird auch zur Berechnung von Hartz-IV-Regelsätzen herangezogen. Die dafür wichtigen Abgrenzungen von Haushaltstypen habe das Bundesarbeitsministerium vorgegeben, sagte Karl Müller vom Statistikamt.
Zwischen 2003 und 2008 stieg das durchschnittliche monatliche Haushaltsnettoeinkommen in Westdeutschland nur unwesentlich, nämlich von 2.957 auf 3.056 Euro, während es in Ostdeutschland inklusive Ostberlin sogar um 1 Euro auf 2.292 Euro sank. Da die Preise zugleich um 10 Prozent stiegen, ergeben sich für den von den rot-grünen Arbeitsmarktreformen geprägten Zeitraum spürbare Wohlstandsverluste. "Real sind die Einkommen gesunken", so Kristina Kott vom Statistikamt. Bemerkenswert: Die 2008 einsetzende Krise, die verbreitet zu Kurzarbeit und höherer Arbeitslosigkeit führte, ist in der Studie noch kaum erfasst.
Seit 2003 hat sich auch die Schere bei den Einkommen zwischen Ost und West geöffnet. Lag das Haushaltsnettoeinkommen der ostdeutschen Haushalte 2003 bei 77,5 Prozent der westdeutschen Haushalte, waren es 2008 nur noch 75 Prozent. Die Statistiker führen das zum Teil darauf zurück, dass in Ostdeutschland ein Großteil der Betriebe keine Tariflöhne zahlt.
Entsprechend ihrer Einkommenssituation geben die Ostdeutschen gemessen an ihrem Gesamtbudget mehr Geld für lebensnotwendigen Konsum aus und legen weniger auf die hohe Kante. Sparten die Haushalte im Westen 2008 noch 335 Euro pro Monat, waren es im Osten nur 213 Euro. Die Sparquoten, gemessen am verfügbaren Einkommen, betrugen 10,8 beziehungsweise 9,1 Prozent.
Wenig überrauschend ist, dass Alleinerziehende arm dran sind. Genauer gesagt: In Haushalten von Alleinerziehenden war das Pro-Kopf-Einkommen im Bundesdurchschnitt im Jahr 2008 am niedrigsten. Durchschnittlich leben in diesen Haushalten 2,3 Menschen, denen jeweils 845 Euro pro Monat zur Verfügung standen.
Bei Paaren mit Kindern - in diesem Haushaltstyp leben durchschnittlich 3,8 Menschen - betrug das monatliche Pro-Kopf-Einkommen 1.103 Euro. Paarhaushalte ohne Kinder kamen auf 1.694 Euro pro Kopf, Alleinstehende hatten 1.726 Euro. Allerdings geben Alleinlebende prozentual mehr Geld fürs Wohnen aus als Paare mit Kindern.
Beim Sparen sind die Paare mit Kindern erstaunlicherweise Deutschlandmeister. Ihre Sparquote betrug im Jahr 2008 14,8 Prozent, während Paare ohne Kind nur 9,5 Prozent ihres verfügbaren Einkommens auf die hohe Kante legten. Bei Alleinlebenden betrug die Quote 7,4 Prozent und bei Alleinerziehenden lediglich 4,5 Prozent. Letzteres ist logisch, da Alleinerziehende fast ihr gesamtes geringes Einkommen für Konsum ausgeben.
Kinder machen vernünftig
Schaut man in die Tiefen der Statistik, kann man zu solchen Erkenntnissen gelangen: Kinder machen tendenziell vernünftig! Das Indiz dafür: Alleinlebende verjubelten 18 Prozent ihrer Freizeit- und Kulturausgaben für Glücksspiele, bei Paaren ohne Kind waren es 20,1 Prozent. Deutlich niedriger sind die Werte bei Menschen, die Kinder großziehen: 7,1 Prozent bei Alleinerziehenden beziehungsweise 8,9 Prozent bei Paaren mit Kindern.
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